EU zwingt Kroatien zum Verkauf der staatlichen Werften Von Boris Raseta, dpa

18.12.2008 01:30

Zagreb (dpa) - Dem einstigen Stolz der kroatischen Industrie, den
Schiffswerften entlang der Adriaküste, droht das Aus. Eine der
Bedingungen für den angestrebten EU-Beitritt des Balkanlandes ist die
Streichung der enormen Subventionen aus dem Haushalt für die Werften,
für die der Staat seit dem Jahr 2000 etwa sechs Milliarden Euro
ausgegeben hat. Kritiker dieser Politik warnen deshalb seit Jahren,
bei jedem Stapellauf werde «Geld ins Meer versenkt».

Nun sind die rund 12 000 Arbeitsplätze bei den Schiffsbauern,
deren Produkte etwa 15 Prozent der kroatischen Exporte ausmachen,
ernsthaft bedroht. Die Regierung von Ivo Sanader beugt sich den EU-
Forderungen und hat beschlossen, die staatlichen Werften zu
privatisieren. So könnte etwa das traditionsreiche Uljanik-Werk in
Pula für nur einen Dollar verkauft werden - und das ohne die
Verpflichtung des Käufers, die Schiffsproduktion fortzusetzen und die
Arbeitsplätze zu garantieren.

Diese Ankündigungen haben zu heftigen Reaktionen der
Gewerkschaften geführt. Vom Schiffsbau leben in Kroatien etwa 150 000
Menschen und die Schließung der Werften würde zur «Explosion der
sozialen Unzufriedenheit» führen, warnen Experten. «Wir werden mit
allen Mitteln solche Privatisierungen verhindern», betont Ozren
Matijasevic, einer der Gewerkschaftsführer. Er kündigte landesweite
Proteste an, sollte die Regierung die EU-Forderungen erfüllen.

Die EU bleibt aber unnachgiebig. EU-Erweiterungskommissar Olli
Rehn bemängelte kürzlich, dass Kroatien pro Kopf die höchste
staatliche Subventionsrate in ganz Europa habe. Das müsse sich
ändern. Kroatien als Beitrittskandidat könne kein besserer Status
bezüglich der Schiffsbauindustrie eingeräumt werden als den vollen
Mitgliedern Polen oder Rumänien, betonte Rehn.

Zagreb muss bis Jahresende der EU-Kommission die Dokumentation
über die bevorstehende Privatisierung der Werften vorlegen und bis
Mitte Januar den Verkauf oder die Privatisierung der Werke
bekanntgeben. Derweil verschärft die Finanzkrise auch die Situation
der staatlichen Schiffsbauer: Die Werften müssen bis Mai 2009
insgesamt 660 Millionen Euro an Krediten zurückzahlen, das meiste
davon - 632 Millionen - ist gar bis zu diesem Jahresende fällig.
dpa br/ko xx n1 gö