Atomkraftwerk im Erdbebengebiet? Die bulgarische Baustelle Belene Von Elena Lalowa, dpa

15.03.2011 15:31

Seine Baustelle liegt mitten in einem von Erdbeben gefährdeten
Gebiet. Nach der Nuklearkatastrophe in Japan werden die Fragen
nochmals lauter: Wie sicher wäre ein Atomkraftwerk in Belene,
Bulgarien?

   Sofia (dpa) - Der Bau des bulgarischen Atomkraftwerks Belene war
schon vor der Katastrophe von Fukushima politisch und wirtschaftlich
heiß umstritten. Nach der Havarie in Japan rückt nun schlagartig
Belenes Sicherheit in den Vordergrund: Der Standort liegt mitten in
einer von Erdbeben heimgesuchten Zone.

   Bulgarische Ökologen verschärften unmittelbar nach der Tragö
die
in Japan ihren Widerstand gegen das geplante zweite Atomkraftwerk in
dem Balkanland. «Wir dürfen jetzt nicht mehr von einer Renaissance
der Atomenergie sprechen», warnte die Bürgerinitiative AEZ BeleNE
(Nein für AKW Belene) - in diesem Wortspiel steht «NE» für Nein.

   Das Donaustädtchen Belene mit etwa 10 000 Einwohnern liegt in
einem Gebiet südlich der berüchtigten Erdbebenzone im rumänischen
Vrancea-Gebirge. Bei einem Erdbeben der Stärke 7,2 in Vrancea starben
im Nachbarland Bulgarien 1977 mehr als 100 Menschen. Sie kamen in den
Trümmern ihrer Häuser in der Stadt Swischtow an der Donau ums Leben,
nur 15 Kilometer westlich von Belene. Erst vor zwei Jahren versetzte
ein Beben der Stärke 5,3 in Rumänien die Einwohner von Swischtow un
Belene in Angst und Schrecken.

   Belene wäre das erste von Russen in der Europäischen Union geb
aute
AKW. Das Projekt wurde noch vor Bulgariens EU-Beitritt 2007
beschlossen. Trotz des riskanten Standorts hält Bulgarien auch nach
Fukushima am Belene-Projekt fest. Energieminister Trajtscho
Trajkow forderte allerdings vom russischen Hersteller Atomstroiexport
«zusätzliche Garantien» für die beiden 1000-Megawatt-Reaktoren. Die

Russen hatten bei der Belene-Ausschreibung im fernen Jahr 2006
versichert, dass die Reaktoren vom Typ B 466 höchste
Betriebssicherheit für Belene bieten würden. Doch nach der Tragödie
in Japan ist auch in Bulgariens Energiepolitik nichts mehr wie zuvor.

   Belene sollte nach dem Vertrag mit Russland aus dem Jahr 2008 bis

2015 fertig sein. Aber: Die fehlende Finanzierung verzögert den Bau.
Die jetzige bürgerliche Regierung in Sofia möchte in Krisenzeiten
keinen Lew aus der Staatskasse dafür ausgeben - die Vorgänger hatten
bereits satte zwei Milliarden Lewa in Belene investiert (gut eine
Milliarde Euro). Ganz neu ist die Baustelle etwa 220 Kilometer
nordöstlich der Hauptstadt Sofia allerdings nicht. Auch die
Kommunisten wollten vor 1989 dort ein zweites Atomkraftwerk nach
Kosloduj errichten. Nach der Wende wurden die Bauarbeiten auf Druck
der oppositionellen Ökologen sowie aus Geldmangel zunächst
eingestellt.

   Das umstrittene Projekt wurde durch die Regierung von Ex-König
Simeon II. im Jahr 2003 wieder ins Leben gerufen. Seitdem spaltet es
die Öffentlichkeit und Politik. Das antikommunistische Lager stellte
sich klar gegen das Projekt mit dem einstigen «Großen Bruder». Seine

heißesten Befürworter sind die aus den früheren Kommunisten
hervorgegangenen Sozialisten, die bis Mitte 2009 regierten. Sie
beschuldigen die jetzige bürgerliche Regierung immer wieder, das
Projekt zu verzögern.

   Im Streit mit Russland über den Endpreis schwellen die
ursprünglich auf rund vier Milliarden Euro bezifferten Kosten
inzwischen auf mehr als sechs Milliarden Euro an. Wegen der unklaren
Finanzierung stieg der deutsche Energiekonzern RWE bereits Ende 2009
aus dem Projekt aus.

dpa-Notizblock

## Internet
- [Bulgarische Regierung](http://www.government.bg)
- [Atomstroiexport](www.atomstroyexport.ru)

## Orte
- [AKW-Baustelle Belene](Belene, Bulgarien)
- [Belene](Bulgarien)
- [Swischtow](Bulgarien)