EZB-Chefvolkswirt: «Kein schmerzfreier Weg» aus Schuldenkrise

24.04.2011 10:28

Mainz/Berlin (dpa) - Aus der Schuldenkrise im Euroraum führt nach
Ansicht von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark «kein schmerzfreier Weg».

Stark warnte im Gespräch mit «heute.de» sehr deutlich vor einer
Umschuldung, wie sie zur Zeit für Griechenland diskutiert wird. «Im
schlimmsten Fall könnte die Umschuldung eines Mitgliedslands die
Auswirkungen der Lehman-Pleite in den Schatten stellen.» Nach der
Lehman-Pleite 2008 begann die schwerste internationale Finanz- und
Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.

Seit Wochen gibt es immer wieder Spekulationen, dass Athen
seine Schulden nicht wird zurückzahlen können und es einen
Schuldenschnitt geben muss. Stark betonte: «Eine Schuldenreduzierung
erscheint vielleicht als der einfache Weg, aber die zugrunde
liegenden Haushalts- und Strukturprobleme würden nicht gelöst.»

Der Ökonom, seit 2006 Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank,
bezeichnete den Weg einer Umschuldung als «kurzsichtig und für das
jeweilige Land mit erheblichen Nachteilen verbunden». Die Regierung
wäre nach einem solchen Schritt voraussichtlich auf unabsehbare Zeit
von den Finanzmärkten abgeschnitten und auf fremde Finanzhilfe
angewiesen, erklärte er.

Eindringlich warnte der Volkswirt vor den möglichen Folgen einer
Umschuldung: «Eine neue Bankenkrise ist eines der Risiken, das zum
Beispiel von einer Umschuldung in einem Mitgliedsland der Eurozone
ausgehen könnte.» Stark verwies auf die enge Verflechtung der
Euro-Finanzmärkte. Eine zunächst lokal begrenzte Krise könne
negative Auswirkungen auf das ganze europäische Bankensystem haben.

Die einzig tragfähige Möglichkeit zur Überwindung der Krise sei
die «konsequente Umsetzung der Reformprogramme und die vollständige
Rückzahlung aller ausstehenden Schulden. Es gibt keinen
schmerzfreien Weg». Der EZB-Chefvolkswirt hob zugleich hervor: «Wir
haben es nicht mit einer Krise des Euro zu tun, sondern mit einer
Schuldenkrise in einigen Mitgliedsländern des Euroraums.» Die
gemeinsame Währung sei weder jetzt noch vorher in Gefahr gewesen.
«Der Euro hat sich in der Krise als Stabilitätsanker erwiesen.»

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## Internet
- [Stark-Interview auf heute.de](http://dpaq.de/5RaJQ)