Sechs Klagen gegen Euro-Rettungsmaßnahmen in Karlsruhe eingegangen

30.06.2012 13:24

Karlsruhe (dpa) - Am Freitag hatten Bundestag und Bundesrat die
Zustimmungsgesetze zum europäischen Fiskalpakt und zum
Euro-Rettungsschirm ESM verabschiedet. Beim Bundesverfassungsgericht
sind bis Samstagmittag nach Angaben des Gerichts sechs Klagen gegen
die Vorhaben eingegangen. Ein Überblick:

1) Die Fraktion der Linken im Bundestag klagt zweigleisig: Zum
einen im Organstreitverfahren wegen Verletzung ihrer Rechte als
Fraktion; zum anderen haben die 75 Abgeordneten eine gemeinsame
Verfassungsbeschwerde eingereicht. Wie die meisten Kläger haben auch
die Linken einen Eilantrag gestellt: Sie beantragen, dass das Gericht
dem Bundespräsidenten mit einer einstweiligen Anordnung untersagt,
die Zustimmungsgesetze zu unterzeichnen und auszufertigen, bis die
Richter in der Hauptsache über die Klagen entschieden haben. Damit
könnte die Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt zunächst nicht
wirksam werden.

2) Der Verein «Mehr Demokratie» hat eine Verfassungsbeschwerde -
verbunden mit einem Eilantrag - eingereicht, der sich nach Angaben
der Organisatoren rund 12 000 Bürger angeschlossen haben. Diese Klage
wird von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und
dem Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart vertreten.

3) Der CSU-Politiker Peter Gauweiler hat zwei Klagen eingereicht,
die von dem Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek vertreten
werden: Zum einen klagt er im Organstreitverfahren wegen Verletzung
seiner Rechte als Bundestagsabgeordneter; zum anderen als Bürger im
Wege der Verfassungsbeschwerde. Auch er hat einen Eilantrag gestellt.

4) Eine Gruppe von Klägern um den emeritierten Nürnberger
Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider hat eine
Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag gestellt. Schachtschneider
ist in Karlsruhe kein Unbekannter: Er hatte unter anderem bereits
1998 gegen die Einführung des Euro geklagt.

5) Darüber hinaus liegen in Karlsruhe zwei Verfassungsbeschwerden
von nicht namentlich genannten Bürgern vor.

6) Die Bundesregierung hat bereits vor Verabschiedung der
Zustimmungsgesetze in Karlsruhe eine sogenannte Schutzschrift
eingereicht, in der sie ihre Argumente für die Zulässigkeit der
Rettungsmaßnahmen aufführt. Schutzschriften sind allgemein in
Gerichtsverfahren üblich, wenn die Einreichung von Eilanträgen
erwartet wird. Damit soll verhindert werden, dass ein Gericht im
Eilverfahren entscheidet, ohne die Argumente der anderen Seite zu
berücksichtigen.

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Querallee 11, 76131 Karlsruhe)