Wenn Familiennamen zum Fall für den Richter werden Von Friedhelm Schachtschneider, dpa

02.10.2014 06:00

Doch seit die Gleichberechtigung der Frauen das deutsche Namensrecht
erreicht hat, müssen Richter immer öfter über Grundsätzliches und
Sonderfälle entscheiden.

Luxemburg (dpa) - «Der Name ist's, der Menschen zieret, weil er das
Erdenpack sortieret», reimte einst der Schriftsteller Kurt Tucholsky
(1890-1935). Seit Ende des 18. Jahrhunderts bestand in Deutschland
für Ehepaare der gesetzliche Zwang zum gemeinsamen Familiennamen. So
verfügte das Preußische Allgemeine Landrecht, dass die Frau den Namen
des Mannes anzunehmen habe. Erst von 1958 an konnten Frauen bei der
Heirat ihren Geburtsnamen an den Familiennamen - den Namen des Mannes
- anhängen.

Nach der Reform des Namensrechts 1976 konnten Eheleute schließlich
entscheiden, ob sie den Geburtsnamen des Mannes oder den der Frau als
gemeinsamen Ehenamen führen wollen. Einigten sie sich aber nicht,
wurde automatisch der Name des Mannes zum Ehenamen. Das erklärte das
Bundesverfassungsgericht 1991 für nicht verfassungskonform, denn die
Dominanz der männlichen Abstammung verstoße gegen das
Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Gut zwei Jahre brauchte dann die
Politik, um einen Kompromiss für ein neues Namensrecht zu finden.

Seit 1993 heißt es nun in Paragraf 1355 des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB): «Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen
(Ehenamen) bestimmen». Allerdings kann der Partner, der bei der
Namenswahl nachgegeben hatte, seinen Geburtsnamen voranstellen oder
hinzufügen.

Justitia sah sich auch gezwungen, ein Gestrüpp aus Bindestrichen zu
lichten. Das BGB schränkte darum ein: «Dies gilt nicht, wenn der
Ehename aus mehreren Namen besteht». Namensketten wie etwa Elisabeth
Noelle-Neumann-Maier-Leibnitz sind demnach nicht mehr zulässig. Die
Allensbacher Meinungsforscherin Noelle-Neumann (1916-2010) war 1979
durch ihre zweite Heirat mit Heinz Maier-Leibnitz zu ihrem
Vierfach-Namen gekommen.

Im Kampf gegen Namensketten wurde Eltern auch untersagt, Kindern
Doppelnamen zu geben. Eltern, die keinen gemeinsamen Nachnamen
führen, dürfen dem Kind nur einen Namen geben. 2002 zog ein Hamburger
Paar bis vor das Bundesverfassungsgericht, um für ihren inzwischen
siebenjährigen Sohn einen Doppelnamen zu erstreiten. Die Karlsruher
Richter verwehrten dem kleinen Maximilian aber den Bindestrich und
erklärten das geltende Verbot für mit der Verfassung vereinbar.

Von wegen: «Der Richter schüttelt das Barrett: der Name macht den
Kohl nicht fett» (wieder Tucholsky). Der Familienname eines Menschen
wird «grundsätzlich für die gesamte Lebenszeit erworben und (ist)
nicht frei abänderbar», urteilte 2009 das Verwaltungsgericht Koblenz.
Der Name hält darum länger als manche Ehe. 2001 beschied das
Landgericht Düsseldorf einer Frau, sie könne nach der Scheidung den
gemeinsamen Nachnamen nicht zurückverlangen - auch nicht, wenn der
Ex-Gatte den angenommenen Namen für Straftaten wie Scheckbetrug
missbraucht hat. Drum prüfe, wer sich ewig bindet - auch wem er
seinen Namen gibt.