Nachbarländer verärgert über Pkw-Maut - Warten auf EU-Kommission

29.03.2015 13:00

Die geplante Pkw-Maut in Deutschland zielt auf Fahrer aus dem
Ausland. Vor allem Österreich und die Niederlande kritisieren das
scharf. Klagen lassen sie aber noch offen. Noch.

Berlin (dpa) - Die umstrittene deutsche Pkw-Maut wird im benachbarten
Ausland kritisch gesehen - mit Entscheidungen über Klagen wollen sich
die Länder aber bis zur Einschätzung der EU-Kommission zurückhalten.

Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Und EU-
Verkehrskommissarin Violeta Bulc will das am Freitag im Bundestag
verabschiedete Gesetz erst prüfen, wenn es formal in Kraft tritt. Es
werden aber weiter massive Zweifel an dieser Maut geäußert.

Bulcs Sprecher sagte der dpa: «Wir werden das Gesetz untersuchen,
sobald es angenommen ist, der Bundespräsident unterzeichnet hat, es
im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und in Übereinstimmung mit
den einschlägigen Bestimmungen in Kraft tritt.» Der Vorsitzende des
Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte
dem «Focus»: «Die EU-Kommission wird über die Rechtmäßigkeit de
r Maut
eine Entscheidung treffen, und nach deren bisherigen Signalen gehe
ich davon aus, dass das Konzept in Schwierigkeiten kommt.»

Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich (SPD) hält das
Maut-Gesetz nicht für EU-konform. Seine grün-rote Landesregierung
prüfe, ob noch Änderungen durch Anrufung des Vermittlungsausschusses
von Bundestag und Bundesrat erreicht werden könnten. Mehrere Länder
dringen auf Ausnahmen für Autobahn-Abschnitte in Grenzregionen, weil
sie wirtschaftliche Einbußen befürchten. Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) nannte die Pkw-Maut in der
«Welt» eine Gesetz gewordene Schnapsidee, die mehr kosten als
einbringen werde. Er würde lieber die Mineralölsteuer sowie die
Lkw-Maut zur Finanzierung der Infrastruktur erhöhen.

Pkw-Fahrer sollen ab 2016 - der genaue Termin ist noch offen - für
die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen zahlen. Autobesitzer im
Inland sollen aber im Gegenzug über eine Reduzierung der Kfz-Steuer
wieder voll entlastet werden. Verkehrsminister Alexander Dobrindt
(CSU) rechnet mit Netto-Einnahmen von jährlich 500 Millionen Euro.
Nach EU-Recht ist eine Benachteiligung wegen der Nationalität jedoch
untersagt. Die Opposition nennt das CSU-Wunschprojekt antieuropäisch.
Sie rechnet mit einem Stopp vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die Regierung in ÖSTERREICH hat von Anfang an klar gemacht, dass die
deutschen Pläne aus ihrer Sicht gegen EU-Recht verstoßen. Bei einer
Einführung der Maut wäre die EU-Kommission nach Ansicht von Wien in
der Pflicht, dies zu überprüfen. Sollte sie nicht tätig werden, will

Wien selbst alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.

Die Regierung der NIEDERLANDE bedauerte die Entscheidung zur Maut in
Deutschland und beklagte sich bei der Bundesregierung. Ob sie vor den
EuGH zieht, ist noch unklar. Ein Sprecher sagte: «Wir warten ein
Urteil der EU-Kommission ab.» Auch LUXEMBURG wartet noch mit einer
Entscheidung. Premierminister Xavier Bettel sieht die Belastung nur
für Ausländer aber im Widerspruch zum europäischen Gedanken. Ebenso
gibt es in FRANKREICH und POLEN vorerst keine Entscheidung über
mögliche rechtliche Schritte gegen die deutsche Pkw-Maut.

BELGIEN und DÄNEMARK planen bisher keine Klage. Ob die Maut-Pläne
gegen EU-Recht verstießen, solle eine Untersuchung auf europäischer

Ebene klären, erklärte das dänische Verkehrsressort. Minister Magnus

Heunicke hält die deutschen Pläne für eine «rein nationale Frage
». In
TSCHECHIEN bedauerten Politiker die Pläne als Rückschritt im
vereinten Europa. Dem Nicht-EU-Mitglied SCHWEIZ sind EU-rechtliche
Fragen relativ egal. Ohnehin dürften sich nur wenige Eidgenossen von
Einkaufstouren ins vergleichsweise «billige» Deutschland abhalten
lassen. Schweizer können im Grenzland auch auf mautfreie Landstraßen
ausweichen.