Nach dem Kurseinbruch: Wohin steuert Griechenlands Börse? Von Frederik Altmann, dpa-AFX

03.08.2015 15:24

Die Athener Börse ist derzeit eines der heißesten Pflaster für
Anleger. Das zeigt der jüngste Einbruch. Und es bleibt gefährlich,
wie Börsenprofis unisono sagen.

Frankfurt/Main (dpa) - Nach einer fünfwöchigen Zwangspause ist der
Handel an der Börse in Athen am Montag wieder aufgenommen worden -
mit immensen Kursverlusten. Am Morgen rutschte der griechische
Leitindex Athex Composite um 23 Prozent ab. Am Nachmittag standen
noch minus 17 Prozent zu Buche.

Warum fielen die Verluste so hoch aus?

«Zahlreiche Anleger waren Wetten auf eine Lösung im Schuldenstreit
zwischen dem pleitebedrohten Land und seinen Gläubigern eingegangen»,
erklärt Analyst Andreas Paciorek vom Handelshaus CMC Markets. Diese
Anleger seien enttäuscht worden. Die komplizierten Verhandlungen
laufen noch, Ausgang ungewiss. Zudem liegt die griechische Wirtschaft
darnieder: Die Stimmung in den Industrieunternehmen des Landes ist so
schlecht wie nie, wie der seit 1999 erhobene
Markit-Einkaufsmanagerindex zeigt.

Wie geht es an der Athener Börse weiter?

Investoren bleiben auch nach dem Kursrutsch skeptisch beim Blick auf
griechische Aktien. «Die Krise in Griechenland und damit auch an der
Athener Börse dürfte noch nicht vorüber sein», sagt Marktstratege
Oliver Roth von der Oddo Seydler Bank. «Die schlechte
Wirtschaftspolitik der Regierung Tsipras und bestehende
Kapitalverkehrskontrollen lähmen die Konjunktur.» Die großen
Kursschwankungen - Ausdruck der hohen Unsicherheit - dürften erhalten
bleiben.

Warum mussten besonders Bankaktien hohe Verluste einstecken?

Griechische Banken sind abhängig von den Liquiditätsprogrammen der
Geldgeber. Die Skepsis vor neuen Finanzhilfen sei aber immens
gewachsen, sagt Marktexperte Jens Klatt vom Investmenthaus DailyFX.
Der Internationale Währungsfonds IWF habe sich bereits deutlich von
der weiteren Unterstützung eines dritten Rettungspakets an
Griechenland distanziert. Zudem bremse der große Widerstand aus der
Politik. «Ohne neue Hilfen könnte der griechische Bankensektor erst
nach einer langjährigen Umstrukturierung wieder Fuß fassen.»

Kann man von historischen Tiefständen sprechen?

An der Börse in Athen sind die historischen Tiefpunkte noch weit
entfernt. Im Jahr 2012 hatte der Athex-Index sein jüngstes
Zwischentief bei 471 Punkten markiert. Das ist nochmals fast ein
Viertel weniger als das Tagestief vom Montag. Von Anfang 2008 bis
Juni 2012 hatte das Aktienbarometer fast 91 Prozent seines Wertes
verloren. Dann folgte eine steile Erholung um fast 180 Prozent, bevor
die Börse im April 2014 angesichts der Zuspitzung im Schuldendrama
wieder den Rückwärtsgang einlegte.

Locken niedrige Kurse nicht ausländische Schnäppchenjäger an?

«Der Aktienmarkt in Griechenland ist vorerst uninteressant», sagt
Aktienhändler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner.
So sei eine Sondersteuer für ausländische Investoren nicht
auszuschließen. Insgesamt sollte das politische Risiko nicht
unterschätzt werden. Zudem belasteten die starken Sparanstrengungen
und Steuererhöhungen die Unternehmen. Die fiskalpolitische Situation
dürfte sich auch weiter anspannen. Allerdings könnten aus Lipkows
Sicht bei Aktien aus den Bereichen Telekommunikation, Versorger und
Pharma auch Chancen lauern, die einige Anleger nutzen könnten.