Zehntausende wollen in Berlin gegen TTIP demonstrieren

10.10.2015 04:45

Schon seit gut zwei Jahren verhandelt die EU mit den Amerikanern über
TTIP, das geplante Freihandelsabkommen. Die einen versprechen sich
davon Wachstum und mehr Jobs. Für andere verheißt TTIP nichts Gutes -
sie gehen heute in Berlin auf die Straße.

Berlin (dpa) - Mehrere zehntausend Menschen werden am Samstag (12.00
Uhr) zu einer Demonstration gegen das geplante transatlantische
Freihandelsabkommen TTIP in Berlin erwartet. Die Organisatoren
rechnen mit 50 000 Teilnehmern aus ganz Deutschland. Getragen wird
der Protest von Umwelt- und Verbraucherschützern, Sozialverbänden und
Gewerkschaften. Die Kritiker des Abkommens befürchten eine Aushöhlung
europäischer Regeln und ein Sinken ökologischer und sozialer
Standards. Sie fordern, die TTIP-Verhandlungen mit den USA zu stoppen
und das mit Kanada verhandelte CETA-Abkommen nicht zu ratifizieren.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte vor einem Scheitern des
Freihandelsabkommens mit den USA. Vor allem die Gewerkschaften
forderte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA) auf, «zu Sachlichkeit, Differenziertheit
und Weitblick zurückzufinden». Der geforderte Verhandlungsstopp sei
«mit Sicherheit der falsche Weg», sagte Kramer den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. «Ein Scheitern von TTIP wäre nicht nur an unsere
amerikanischen Partner, sondern an alle unsere Partner in der
Weltwirtschaft ein fatales Signal.»

Die EU und die USA verhandeln seit Juli 2013 über eine
Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TIPP), die
durch den Wegfall von Zöllen und sogenannten nichttarifären
Handelshemmnissen - etwa technischen Standards und
Zulassungsvorschriften - mehr Wachstum und neue Jobs schaffen soll.

Kritiker befürchten, dass es zu einer Angleichung der Standards auf
geringerem Niveau kommen wird. Sie kritisieren zudem, dass die
Verhandlungen zwischen Brüssel und Washington weitgehend im Geheimen
stattfinden. Umstritten sind auch Sonderrechte von Konzernen und die
Rolle von Schiedsgerichten.

Dazu sagte der Arbeitgeberpräsident: «Mir ist unerklärlich, warum
hierzulande in letzter Zeit eine neue Mentalität der Abschottung um
sich greift.» Für ihn steht fest: «Soziale und ökologische Standard
s
werden nicht abgesenkt, das Recht der Parlamente wird nicht durch
Investitionsschutz ausgehebelt.»

Europa dürfe nicht abseits stehen, meinte auch EU-Digitalkommissar
Günther Oettinger. «Ich stimme mit der europäischen Industrie
überein, dass TTIP für Europa und die USA sehr gewinnbringend wäre
»,
sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Er
plädierte dafür, die Verhandlungen noch in der Amtszeit von
US-Präsident Barack Obama abzuschließen. Dessen Amtszeit endet im
Januar 2017.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner bezeichnete das geplante
Freihandelsabkommen als «die zivilisatorische Chance, der
Globalisierung Regeln zu geben und unseren Wohlstand zu sichern».
Auch er warnte vor einem Scheitern. «Die Welt wartet nicht auf
Deutschland und Europa», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
«Handeln wir nicht, tun es andere Länder in der Welt und setzen damit
die Standards der Zukunft.» Oft sei Kritik an TTIP «nur vorgeschoben,
um in Wahrheit plumpen Antiamerikanismus und altlinke Vorurteile
gegen die Marktwirtschaft zu tarnen».