EU-Partner drohen Griechenland in der Flüchtlingskrise

06.02.2016 16:31

Griechenland gerät in der Flüchtlingskrise immer mehr unter Druck.
Bei einem Ministertreffen in Amsterdam drohen Staaten wie Österreich
mit neuen Grenzschutzprojekten. Sie könnten dafür Sorgen, viele
Probleme nach Süden zu verlagern.

Amsterdam (dpa) - In der Flüchtlingskrise eskaliert der Streit
zwischen Griechenland und den Ländern an der Balkanroute. Mit
Unterstützung von Staaten wie Ungarn wirbt Österreich dafür,
Mitteleuropa notfalls über strenge Kontrollen an Griechenlands
nördlichen Grenzen vor einem unkontrollierten Zustrom von
Flüchtlingen zu schützen. Zehntausende Menschen aus Ländern wie
Syrien könnten dann vorerst in Griechenland stranden.

«Wenn wir keine Lösung an der Grenze zwischen der Türkei und
Griechenland zustande bringen, dann wird unsere einzige Möglichkeit
sein, dass wir mit Slowenien, mit Kroatien, mit Serbien, mit
Mazedonien kooperieren», sagte Österreichs Außenminister Sebastian
Kurz am Samstag nach europäischen Spitzengesprächen zur
Flüchtlingskrise in Amsterdam. Am ersten Tag des Ministertreffens
hatte er militärisch-polizeiliche Missionen zum Beispiel in
Mazedonien und Serbien vorgeschlagen. EU-Soldaten könnten sich dort
um die Grenzsicherung und die Registrierung von Flüchtlingen kümmern,
sagte er am Freitag.

Seinem griechischem Kollegen Nikos Kotzias warf Kurz offen vor, die
Probleme zu ignorieren. Er habe noch immer nicht das Gefühl, dass es
in Griechenland ein Bewusstsein dafür gebe, wie ernst die Situation
in den Zielländern der Flüchtlinge sei. Der ungarische Außenminister

Peter Szijjarto sagte: «Wenn Griechenland nicht bereit oder nicht in
der Lage ist, den Schengenraum zu schützen (...), dann brauchen wir
eine andere Verteidigungslinie.»

Szijjarto, Kurz und andere Außenminister von Ländern an und auf der
Balkanroute berieten am Rande des Treffens separat über mögliche neue
Grenzsicherungsprojekte.

Der griechische Außenminister Kotzias wies die Vorwürfe zurück und
warf mitteleuropäischen Staaten vor, sein Land isolieren zu wollen.
«Man kann nicht denken, dass man so komplizierte Sachen wie die
Flüchtlingskrise mit so einfachen Mitteln lösen kann», sagte er.
Griechenland schütze seine Seegrenze zur Türkei so gut, wie
Meeresgrenzen zu schützen seien.

«Das erste Land, das eine Lösung haben will, sind wir», sagte er.
Sein Land habe die Finanzkrise und die Flüchtlingskrise, und nun
gingen wegen der Flüchtlingsbewegung auch noch die
Hotelreservierungen auf den griechischen Inseln in der östlichen
Ägäis um fast die Hälfte zurück. «Wir werden eine große
Tourismuskrise erleben», sagte er. «Das ist kein Spaß.»

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ging nach dem
Spitzentreffen nicht konkret auf den Streit ein. Er wies lediglich
darauf hin, dass sich eigentlich die Türkei verpflichtet habe, den
Zustrom von Flüchtlingen in Richtung Europa einzudämmen. Im Gegenzug
zahlt die EU mindestens drei Milliarden Euro für die gut zwei
Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei.

«Entscheidend kommt es jetzt darauf an (...), dass die Türkei ihren
Teil der Verpflichtungen aus dem Abkommen mit der Europäischen Union
erfüllt», sagte Steinmeier.