Brexit-Debatte: Khan hilft Cameron - Tories gespalten

30.05.2016 18:21

Die britischen Konservativen sind durch die Brexit-Debatte tief
gespalten. Mehrere Abgeordnete reden schon von einem Misstrauensvotum
gegen Premier Cameron. Der bekommt Unterstützung vom politischen
Gegner.

London (dpa) - Der britische Premierminister David Cameron hat bei
seiner Kampagne gegen einen Brexit unerwartete Unterstützung vom
frisch gewählten Londoner Bürgermeister Sadiq Khan erhalten. Beide
warben am Montag bei einer gemeinsamen Wahlkampfveranstaltung in der
Hauptstadt für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen
Union. Von seiner eigenen Partei musste Cameron dagegen in den
vergangenen Tagen einiges einstecken. In den britischen Medien ist
bereits von einem «Bürgerkrieg» in der konservativen Partei die Rede.


Mehrere Abgeordnete drohen inzwischen mit einem Misstrauensvotum,
sollten sich die britischen Wähler beim EU-Referendum am 23. Juni für
einen Brexit oder nur knapp für einen Verbleib des Landes in der EU
entscheiden. Tory-Abgeordnete Nadine Dorries kündigte für diesen Fall
den Sturz Camerons an. «Er wäre innerhalb weniger Tage getoastet»,
sagte sie in einer Talk-Sendung des britischen Fernsehsenders ITV am
Sonntag. Auch der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson
griff den Premier scharf an.

Johnson warf Cameron vor, eine «zersetzende» Wirkung auf das
Vertrauen in die Politik zu haben, weil es ihm nicht gelungen sei,
die Zahl der Einwanderer wie versprochen auf unter 100 000 pro Jahr
zu begrenzen. Arbeitsministerin Priti Patel hatte zuvor führenden
EU-Befürwortern vorgeworfen, wegen ihres «Luxus-Lebenstils» keine
Augen für die Sorgen einfacher Leute beim Thema Zuwanderung zu haben.

Vor wenigen Wochen noch hatte David Cameron den muslimischen
Labour-Politiker Khan in die Nähe von islamistischen Extremisten
gerückt. Nun machte er einen sichtlich erfreuten Eindruck, als Khan
vor Studenten erklärte, warum er sich mit dem Premierminister für
einen Verbleib Großbritanniens in der EU stark mache. «Wenn es im
Interesse Londons und der Londoner ist, werden der Bürgermeister von
London und die Regierung eng zusammenarbeiten», sagte Khan. Cameron
nannte Khan einen «stolzen Muslim und einen stolzen Briten».

Rückendeckung bekam Cameron auch von dem Ex-Minister und
Tory-Abgeordneten Ken Clarke. Er bezeichnete Boris Johnson als
«nettere Version von Donald Trump» und kritisierte, die Angriffe der
Brexit-Befürworter seien eine einzige Werbekampagne für den
Führungsanspruch Johnsons in der konservativen Partei.