Merkel diskutiert in Estland Zukunft der EU nach dem Brexit

24.08.2016 18:13

Die zweite Station ihrer Europa-Tour führt Bundeskanzlerin Angela
Merkel in den Nordosten Europas. In Estland drehen sich die Gespräche
um die Zukunft Europas - ohne Großbritannien.

Tallinn (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Europa nach
dem Brexit-Votum nicht am Ende. Trotz der Entscheidung
Großbritanniens zum EU-Austritt wollten die verbleibenden 27
Mitgliedsstaaten das Projekt Europa fortführen, sagte Merkel am
Mittwoch bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Es
gehe nun darum, eine gute Agenda für die nächsten Monaten zu
beschließen, um die «Schlagkraft und Stärke der EU deutlich werden
zu
lassen», sagte sie nach einem Treffen mit ihrem estnischen
Amtskollegen Taavi Rõivas.

Merkels zweitägiger Besuch in Estland dient der Vorbereitung auf de
n
im September geplanten EU-Sondergipfel der 27 EU-Staaten ohne
Großbritannien. Dazu wird die Bundeskanzlerin auf ihrer
Europa-Tour in dieser Woche auch nach Tschechien und Polen reisen.

«Es ist eine Phase des Zuhörens, des Verstehens, des
Voneinanderlernens, um die natürlich neue Balance innerhalb einer
Europäischen Union der 27 auch richtig verstehen zu können und
entwickeln zu können», sagte Merkel. Deutschland tue gut daran,
anderen zuhören. Sie verneinte, dass sie mit ihrer Initiative die
Rolle der EU übernehme.

Rõivas unterstützte Merkels Linie und befürwortete eine zentrale
Rolle Berlins in der EU. «In der Zeit, wo Europa unter Krisen leide
t
und vor wichtigen Entscheidungen steht, brauchen wir meiner Meinung
nach ein Europa, das mehr wie Deutschland aussieht», sagte er. 

Merkel versicherte dem an Russland grenzenden Nato-Staat Estland
sicherheitspolitischen Beistand und die Umsetzung der Beschlüsse des
Nato-Gipfels von Warschau. Der Baltenstaat sorgt sich angesichts der
Ukrainekrise um seine Sicherheit.

Nach der Pressekonferenz besuchte Merkel gemeinsam mit ihrem
Gastgeber den Tallinner Dom. Dort erwarteten sie einige Anhänger
einer rechtskonservativen Parlamentspartei, die gegen die deutsche
Flüchtlingspolitik demonstrierten. Zuvor hatten sie bereits die
vorbeifahrende Wagenkolonne des deutschen Gastes ausgepfiffen. 

Am Donnerstag will Merkel mit Staatspräsident Toomas Hendrik Ilve
s
zusammenkommen. Die Bundeskanzlerin will sich zudem über estnische
Lösungen im Bereich der digitalen Verwaltung informieren und eine
Rede zum Thema Digitalisierung halten.