Kolumbiens Regierung und Farc-Guerilla besiegeln Frieden

27.09.2016 01:36

Der älteste Konflikt Lateinamerikas geht zu Ende. Kolumbiens
Präsident Santos und Farc-Chef «Timochenko» ziehen feierlich einen
Schlussstrich unter mehr als 50 Jahre bewaffneten Kampf. Die
Kolumbianer müssen dem Abkommen noch zustimmen.

Cartagena (dpa) - Nach über 50 Jahren ist der bewaffnete Konflikt
zwischen der kolumbianischen Regierung und der linken
Guerillaorganisation Farc offiziell beigelegt. Präsident Juan Manuel
Santos und Farc-Kommandeur Rodrigo Londoño alias «Timochenko»
unterzeichneten am Montag (Ortszeit) in Cartagena einen
Friedensvertrag.

Sie unterschrieben das historische Abkommen mit einem aus einer
Gewehrkugel gefertigten Kugelschreiber. «Unsere Vergangenheit wurde
mit Kugeln geschrieben, die Bildung wird unsere Zukunft schreiben»,
war darauf zu lesen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie zahlreiche
Staats- und Regierungschefs waren zur Vertragsunterzeichnung nach
Cartagena gekommen.

Damit geht der älteste Konflikt in Lateinamerika zu Ende. In den
Kämpfen zwischen staatlichen Sicherheitskräften, linken Rebellen und
rechten Paramilitärs kamen seit Mitte der 1960er Jahre über 220 000
Menschen ums Leben, Millionen wurden vertrieben.

«Wir akzeptieren die Gewalt nicht länger als Mittel, um Ideen zu
verteidigen», sagte Präsident Santos. «Kein Krieg mehr.» Künftige

Generationen sollten ihre Energie auf die Entwicklung des Landes
richten. «Wir machen jetzt Politik ohne Waffen», sagte Farc-Chef
«Timochenko». «Wir werden unseren Teil erfüllen und hoffen, dass di
e
Regierung ihren Teil erfüllt.»

UN-Generalsekretär Ban sagte, die Opfer des Konflikts seien die
Vorkämpfer für den Friedensvertrag gewesen. «Heute ziehen die
Kolumbianer einen Schlussstrich unter Jahrzehnte in Flammen und
senden ein helles Licht der Hoffnung, das die Welt erhellt», sagte
er.

Die Europäische Union strich die Farc von der Terrorliste. «Heute
sendet Kolumbien eine Botschaft der Hoffnung an den Rest der Welt»,
sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Zudem kündigte sie
die Gründung eines Treuhandfonds mit einem Umfang von 600 Millionen
Euro an, an dem sich viele EU-Staaten beteiligen wollten.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: «Kolumbien
schreibt heute Geschichte. Das ist ein Grund zur Freude - für die
Menschen in Kolumbien und für die ganze Welt. Und es macht Mut für
andere auch unlösbar erscheinende gewaltsame Konflikte.»

Der Friedensvertrag sieht eine Landreform, neue Ansätze im Kampf
gegen den Drogenhandel und eine Entschädigung der Opfer vor.
Innerhalb von sechs Monaten sollen die Rebellen nun unter Aufsicht
der Vereinten Nationen ihre Waffen niederlegen. Künftig wollen die
Farc politisch für ihre Ziele eintreten. In den kommenden zwei
Wahlperioden bekommen sie zehn Abgeordnetenmandate garantiert.

In den fast vierjährigen Friedensverhandlungen in Kuba vereinbarten
beide Seiten zudem ein eigenes Justizwesen zur Aufarbeitung der
Verbrechen des Konflikts. Für politische Straftaten wird eine
weitreichende Amnestie gewährt. Wer seine Beteiligung an schweren
Verbrechen einräumt, muss mit einer Freiheitsstrafe von höchstens
acht Jahren rechnen.

Das Abkommen muss am kommenden Sonntag noch in einer Volksabstimmung
gebilligt werden. Umfragen zufolge liegen die Befürworter des Vertrag
vorn. Die Gegner des Vertrags kritisieren vor allem, dass die
Guerillakämpfer mit relativ milden Strafen davonkommen dürften.