Kein Kontakt ohne Registrierung: Brüssel plant schärfere Lobby-Regeln

28.09.2016 16:08

Zwielichtige Beeinflussungsversuche in teuren Restaurants - daran
denken viele beim Wort Lobbyismus. Die EU-Kommission will jetzt
verbindliche Regeln für Gespräche von politischen Entscheidungsträger

einführen. Doch bei manch einem bleiben Zweifel, ob das ausreicht.

Brüssel (dpa) - Zur Verhinderung neuer Skandale will die
EU-Kommission die Transparenzregeln für Lobbyisten und politische
Entscheidungsträger verschärfen. Die Behörde schlug am Mittwoch vor,

dass sich EU-Verantwortliche künftig nur noch mit registrierten
Interessenvertretern treffen dürfen. Dafür soll das bereits
bestehende freiwillige Transparenzregister des EU-Parlaments und der
Kommission überarbeitet und verpflichtend werden. Erstmals müssten
sich danach auch ranghohe Beamte aus der Vertretung der
EU-Mitgliedstaaten und bestimmte Diplomaten an die Regeln halten.

«Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht zu erfahren, wer auf die

Rechtsetzung der EU Einfluss zu nehmen versucht», erklärte der
niederländische EU-Kommissar Frans Timmermans am Mittwoch zu dem
Vorschlag. Über das Register könne die Öffentlichkeit einsehen, wer
Lobbyarbeit betreibe und wie viel Geld dafür ausgegeben werde.

Lobby-kritische Organisationen wie Transparency International sowie
grüne Europapolitiker kritisierten den Vorschlag der Kommission als
nicht weitreichend genug. Sie bemängeln unter anderem, dass die neuen
Regeln nicht für alle EU-Botschafter der Mitgliedstaaten gelten
sollen.

Timmermans erklärte zu der Kritik, dass die EU-Kommission offen für
Gespräche über noch weitreichendere Regeln sei. Die Vorschläge sollen

nun mit den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament diskutiert werden.

In den vergangenen Jahren hatten mehrfach Korruptions- und
Lobbyaffären die EU-Politik erschüttert. Zuletzt geriet die frühere
Kommissarin Neelie Kroes in den Verdacht unsauberen Verhaltens. Sie
war nach Enthüllungen der «Süddeutschen Zeitung» während ihrer
Amtszeit auch Direktorin einer Briefkastenfirma auf den Bahamas.

Zu den Großkonzernen, die bereits freiwillig angegeben, wie viel Geld
sie im Jahr für EU-Lobby-Aktivitäten ausgeben, zählen das Chemie- und

Pharmaunternehmen Bayer oder der Autobauer Daimler. Bei Daimler waren
dies beispielsweise zuletzt mehr als 2,5 Millionen Euro und bei Bayer
rund 2,0 Millionen Euro. Insgesamt gab es zuletzt bereits mehr als
9900 Einträge in das seit 2011 existierende freiwillige
Transparenzregister der EU.