EZB-Präsident verteidigt vor Bundestag Nullzinspolitik

28.09.2016 16:55

Berlin (dpa) - EZB-Chef Mario Draghi hat vor Bundestags-Abgeordneten
die in Deutschland umstrittene Niedrigzinspolitik verteidigt. Die
Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gewährleiste
Preisstabilität und habe der Gefahr einer neuerlichen «Großen
Depression» entgegengewirkt, sagte Draghi am Mittwoch in Berlin vor
Vertretern von Bundestags-Ausschüssen laut Redemanuskript. «Unsere
Maßnahmen greifen: Sie tragen dazu bei, dass sich die Erholung
fortsetzt und Arbeitsplätze entstehen; sie sorgen also für einen
Aufschwung, von dem letztlich auch die Sparer und Rentner in
Deutschland und im Euroraum insgesamt profitieren.»

Draghi betonte, er nehme Bedenken ernst. Aber unterm Strich gehe es
Sparern, Arbeitnehmern, Unternehmern, Rentnern und Steuerzahlern im
gesamten Eurogebiet - auch in Deutschland - dank der EZB-Maßnahmen
besser, «und zwar jetzt und in Zukunft». In Deutschland komme dies
dem Exportgeschäft zugute. Was zudem ein privater Haushalt durch
niedrige Zinsen auf Bankguthaben einbüße, spare er vielleicht durch
geringere Kreditzahlungen für sein Haus. Für einen Anstieg
langfristiger Zinsen seien mehr Investitionen und Strukturreformen
nötig - zur Steigerung von Wachstum und Produktivität.

Mit Blick auf Vorwürfe, die Lage einiger deutscher Banken sei auf die
Politik der EZB zurückführen, sagte Draghi: «Die Geldpolitik der EZB

ist nicht der Hauptfaktor für die geringe Rentabilität der Banken.».

Es werde vergessen, dass viele Institute die sinkenden Zinserträge
durch mehr Kredite, einen besseren Schuldendienst und einen
geringeren Zinsaufwand mehr als ausgleichen könnten. Einige Banken
müssten ihre Geschäftsmodelle möglicherweise an das derzeitige
Niedrigzinsumfeld anpasse, aber auch ihre eigenen strukturellen
Probleme angehen.