Verhandlungen bis zum Gipfel: EU und Kanada kämpfen weiter für Ceta

25.10.2016 04:44

Bei Ceta gibt es offensichtlich noch immer Verhandlungsspielraum. Die
EU und Kanada wollen bis Donnerstag nach einer Lösung für das
geplante Freihandelsabkommen suchen. Spielen die Kritiker in Belgien
mit?

Brüssel/Montreal (dpa) - Die Zitterpartie um Ceta geht noch einmal in
die Verlängerung: Da die EU und Kanada überraschend doch an dem für
Donnerstag geplanten EU-Kanada-Gipfel festhalten, werden weitere
Verhandlungen mit den belgischen Kritikern des Freihandelspakts
erwartet. Vertreter der Wallonie und andere Ceta-Gegner hatten am
Montag ihr Veto gegen das Abkommen mit Kanada bekräftigt. Ohne ihr
Einverständnis kann die belgische Föderalregierung das Vertragswerk
nicht unterzeichnen - was wiederum das gesamte Abkommen blockiert.

Zahlreiche EU-Politiker forderten die Parteien deswegen noch einmal
zur Einigung auf. «Es muss weiter alles getan werden, damit das
Abkommen so bald als möglich zustande kommt. Der wirtschaftliche und
vor allem politische Schaden wären sonst enorm», sagte der
Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament,
Manfred Weber (CSU), den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag).

Er sprach sich gleichzeitig dafür aus, den Einfluss der
Mitgliedstaaten auf bestimmten Feldern zu beschneiden.
«Entscheidungen zur Handelspolitik durch 38 Parlamente inklusive
einigen Regionalparlamenten haben nichts mit mehr Demokratie oder
Transparenz zu tun», sagte Weber.

Für Konsequenzen sprach sich auch der SPD-Handelsexperte Bernd Lange
aus. «Wir brauchen eine klare Kompetenzverteilung zwischen der
europäischen Ebene und den Nationalstaaten», kommentierte er.
Nationalismus dürfe dabei keine Chance haben.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion,
Michael Fuchs (CDU), will die Gespräche über das Abkommen keinesfalls
wieder bei Null starten sehen. Die Forderung von Grünen-Chefin Simone
Peter nach einem Neustart der Verhandlungen sei «völlig
unverantwortliches Gerede», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Auf die Fristverlängerung für die Ceta-Verhandlungen hatten sich am
Montagabend überraschend EU-Ratspräsident Donald Tusk und der
kanadische Premier Justin Trudeau geeinigt. «Wir rufen alle Parteien
auf, eine Lösung zu finden», teilte Tusk nach einem Gespräch mit. Es

bleibe noch immer Zeit.

Europaparlaments-Präsident Martin Schulz zeigte sich zuversichtlich,
dass es noch zu einem Abschluss mit Kanada kommen kann. Er äußerte
jedoch Zweifel, ob dies noch bis Donnerstag gelingt, vielleicht
dauere es auch 14 Tage. «Hauptsache wir haben am Ende einen
Kompromiss», sagte er. «Ich habe jedenfalls keine Lust, am Ende
dazustehen, und wir haben sieben Jahre Arbeit investiert für nichts.»

Trudeau wird nach Regierungsangaben am Donnerstag auf jeden Fall in
Brüssel sein. «Kanada ist bereit, jetzt zu unterschreiben», sagte
Handelsministerin Chrystia Freeland. «Der Ball liegt im Feld
Europas.»

Tusk hatte Belgien eigentlich aufgefordert, bis Montagabend seine
endgültige Position klarzustellen. Deshalb war damit gerechnet
worden, dass der für Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel zur
Unterzeichnung des Vertrags abgesagt wird.

Ceta-Kritiker befürchten unter anderem, dass das Abkommen die Rechte
von internationalen Großkonzernen übermäßig stärkt. Die gerade ma
l
3,6 Millionen Einwohner zählende Wallonie verlangte bis zuletzt vor
allem Zusicherungen zugunsten ihrer Landwirtschaft und Änderungen an
Vereinbarungen zur Streitschlichtung zwischen Unternehmen und
Staaten. Die Garantien für Umwelt- und Verbraucherschutz seien gut,
aber letztlich nicht ausreichend für eine Zustimmung, hieß es.