Rechtsexperten: Bundesrat muss Ceta zustimmen

28.10.2016 04:13

Nach langem Ringen ist der Weg für die Unterzeichnung des
Handelspakts auf europäischer Bühne geebnet. Doch wie geht es dann
weiter in Deutschland? Unklar ist, ob bei der Zustimmung für Ceta
neben dem Bundestag auch der Bundesrat grünes Licht geben muss.

Berlin (dpa) - Nach Auffassung von Rechtsexperten muss dem
Ceta-Abkommen neben dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmen, damit
es in Deutschland ratifiziert werden kann. Die Zustimmung der
Bundesländer zum umstrittenen Handelsabkommen zwischen der EU und
Kanada sei «zwingend nötig», sagte der Rechtswissenschaftler Ulrich
Karpen von der Universität Hamburg. Schließlich müssten die Länder

die ausgehandelten Gesetze in eigener Regie selbst umsetzen, etwa
Bestimmungen für die Landwirtschaft oder den Verbraucherschutz. «Nach
Artikel 77 und 84 des Grundgesetzes liegt deshalb ein
Zustimmungsgrund vor», so Karpen. Sein Kollege Ulrich Haltern von der
Universität Freiburg äußerte sich ähnlich.

Nach heftigen Kontroversen kann Ceta wohl doch in Kürze unterzeichnet
werden. Vertreter von Föderalregierung und Regionen in Belgien fanden
am Donnerstag nach tagelangen Krisenverhandlungen eine Einigung zu
umstrittenen Punkten. Wenn die EU-Staaten und Kanada die Ergänzungen
billigen, steht der Unterzeichnung des Handelspakts nichts mehr im
Wege. Den müssten dann die Parlamente in den 28 Mitgliedsländern
billigen. Nicht klar ist, in welcher Form in Deutschland der
Bundesrat neben dem Bundestag in diesen Prozess eingebunden wird.

Für eine stärkere Beteiligung der Länderkammer spricht aus Halterns
Sicht, dass teilweise Länderkompetenzen betroffen seien. Zudem
müssten die Verwaltungsverfahren einheitlich geregelt werden. «Dies
entspricht auch der bisherigen Praxis des Parlaments», sagte Haltern.
Zuletzt sei auf diese Weise das Handelsübereinkommen zwischen der EU
mit Kolumbien und Peru zustande gekommen. «Ceta geht inhaltlich
weiter als dieses Übereinkommen, so dass der Bundesrat hier erst
recht zustimmen muss», meinte der Rechtswissenschaftler.

Der Jurist Matthias Ruffert von der Humboldt-Universität Berlin sieht
das anders. «Ich halte es für kolossal falsch, sich darauf zu
stützen, dass Länderkompetenzen von Ceta betroffen sind.» Vielmehr
vertrete der Bund, und nicht die Länder, Deutschland nach außen.

Der genaue Weg des Ceta-Abkommens durch Bundestag und Bundesrat ist
ungewiss. Klar ist, dass sich beide mit der Ceta-Ratifizierung
befassen müssen, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte.
Die Prüfung der verfassungsrechtlichen Verfahren könne aber erst dann
beginnen, wenn der Vertragstext unterschrieben sei.

«Wenn das Abkommen unterzeichnet ist und der Bundestag das
Ratifizierungsgesetz beschließt, wird auch der Bundesrat daran
beteiligt», sagte eine Sprecherin des Bundesrats. Die Bundesregierung
legt dann fest, ob nach ihrer Sicht eine Zustimmung im Bundesrat
nötig ist. Dies sei dann der Fall, wenn die Inhalte des Abkommens
nach den Regeln des Grundgesetzes die sogenannte
Zustimmungsbedürftigkeit auslösen würden - etwa wenn in die Hoheit
der Länder eingegriffen werde, erläuterte die Sprecherin.