EU-Staaten stimmen europäisch-kanadischem Handelspakt Ceta zu

28.10.2016 22:52

Es ist geschafft: Nach tagelangem Hin und Her und einem geplatzten
Gipfel macht die EU den Weg frei für die Ceta-Unterzeichnung. Packt
Kanadas Premier Trudeau jetzt die Koffer für die Reise nach Brüssel?

Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten haben den europäisch-kanadischen
Handelsvertrag Ceta offiziell gebilligt. Das teilte der Rat als
Vertretung der EU-Staaten am Freitag in Brüssel mit. Damit dürfte der
Weg zur Unterzeichnung des Abkommens auf europäischer Seite frei
sein. Bereits in wenigen Tagen könnte ein neuer EU-Kanada-Gipfel
angesetzt werden. Die Linke im Bundestag hat indes einen neuen
Versuch gestartet, Ceta doch noch zu verhindern.

Der slowakische Regierungschef Robert Fico, dessen Land derzeit den
Vorsitz der EU-Staaten hat, lobte Ceta als «Meilenstein der
EU-Handelspolitik». Ceta sei ein «modernes und fortschrittliches
Abkommen, das die Tür für neue Möglichkeiten öffnet und gleichzeiti
g
wichtige Interessen schützt». Im Handel zwischen der EU und Kanada
soll Ceta nach EU-Angaben 99 Prozent der aktuellen Zölle abschaffen.

In Belgien segneten im Laufe des Freitags mehrere Regional- und
Sprachparlamente Ceta ab - so konnte am Ende auch die belgische
Regierung zustimmen. Vor allem die Region Wallonie hatte sich bis
zuletzt gegen Ceta gestemmt. Ohne das Einverständnis der gerade mal
3,6 Millionen Einwohner zählenden Region hätte die belgische
Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen. Dies
hätte das Aus für das Handelsabkommen bedeuten können. Denn damit es

in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen. Der
Handelspakt soll Zölle und andere Hemmnisse abbauen und so Handel und
Wirtschaft beflügeln.

Den Bedenken der Ceta-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und
Garantien Rechnung getragen werden. So wird beispielsweise
festgestellt, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im
Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der
Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgefordert werden, ein Gutachten zu
den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen
und Staaten zu erstellen.

Im wallonischen Parlament feierte der Regierungschef der Region, Paul
Magnette, die Zugeständnisse. Ceta sei nun ein «besserer Vertrag» und

das wallonische Regionalparlament in aller Welt berühmt, erklärte er.

Das Debakel löste in Brüssel Nachdenken über die künftige Gestaltun
g
der Handelspolitik aus. Er sehe «alle Vorbehalte bestätigt, dass
Europa schwer handlungsfähig wäre», sagte der deutsche EU-Kommissar
Günther Oettinger dem Deutschlandfunk. Eine «Entflechtung der
Kompetenzen» von europäischer und nationaler Ebene sei notwendig.

Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker pochte in der ARD auf
eine klare Trennung der Zuständigkeiten: «Wir werden uns in Zukunft
überlegen müssen, (...) dass wir ab Tag eins fein säuberlich trennen,

was in europäische Zuständigkeit fällt und was nationalen Parlamenten

überlassen sein muss.»

Die Bundesregierung hob am Freitag die wirtschaftlichen Vorteile des
Freihandelsabkommens hervor. Der Pakt der EU mit Kanada sichere und
schaffe viele Arbeitsplätze, sagte die stellvertretende
Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Er stehe für einen
Welthandel mit nachhaltigen Regeln und hohen Sozial- und
Umweltstandards.

Bevor Ceta in Kraft treten kann, ist zunächst noch das
Europaparlament am Zug. Das Plenum dürfte im Dezember oder Januar
über das Abkommen abstimmen, eine Mehrheit wird erwartet. Danach
müssen die nationalen Parlamente Ceta billigen. Unklar ist nach
Angaben von Experten, in welcher Form dabei in Deutschland neben dem
Bundestag auch der Bundesrat beteiligt wird. Wichtig für diese Frage
ist, ob Kompetenzen der Länder betroffen sind.

Die Linke im Bundestag versuchte indes am Freitag, Ceta zu
verhindern. Eigentlich wollte die Fraktion beim
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem Eilantrag erwirken,
dass Deutschland am Freitag nicht zustimmen konnte. Dies hat offenbar
nicht funktioniert.

Allerdings hat die Linke auch einen Hilfsantrag gestellt. In diesem
Fall sollen die Verfassungsrichter die Bundesregierung verpflichten,
Ceta zu einem späteren Zeitpunkt zu blockieren, nämlich bevor Kanada
über die Zustimmung des EU-Parlaments unterrichtet wird.