Weber veröffentlicht Geheimvereinbarung zur Schulz-Nachfolge

10.01.2017 05:00

Brüssel (dpa) - Eine Woche vor der Wahl des EU-Parlamentspräsidenten
eskaliert der Streit um die Nachfolge des SPD-Politikers Martin
Schulz. Die Europäische Volkspartei veröffentlichte am Dienstag eine
jahrelang geheimgehaltene Vereinbarung, wonach die Sozialdemokraten
Unterstützung für einen konservativen Nachfolger zur Hälfte der
Legislaturperiode zugesagt haben - also jetzt. Fraktionschef Manfred
Weber warnte vor Wortbruch.

«Wer jetzt mit einer guten Tradition bricht und wessen Unterschrift
nichts mehr wert ist, der erschüttert die Stabilität des Europäischen

Parlaments als Institution», schrieb der CSU-Politiker in einem Brief
an seine Fraktion. «Jene, die unsere Vereinbarung brechen, tragen die
volle Verantwortung, sollten antieuropäische Kräfte Einfluss
gewinnen.»

Über die Vereinbarung zwischen der EVP und der Fraktion der
Sozialdemokraten und Sozialisten sowie den Liberalen war lange
spekuliert worden, doch hielten sie alle Seiten unter Verschluss.
Darin sagen sich die drei Fraktionen gegenseitig Unterstützung bei
der Besetzung von Parlamentsposten zu. «Sie stimmen überein, dass die
S&D-Gruppe den Präsidenten des Europäischen Parlaments in der ersten
Hälfte der Legislaturperiode bestimmt und die EVP in der zweiten
Hälfte», heißt es in dem kurzen Papier vom 24. Juni 2014, das die
Unterschriften von Schulz und Weber trägt.

Die Sozialisten gehen trotzdem mit einem eigenen Kandidaten in die
Wahl am 17. Januar, ihrem Fraktionschef Gianni Pittella. Sie
argumentieren, dass sonst alle drei EU-Spitzenposten - Kommissions-,
Rats- und Parlamentspräsident - mit Konservativen besetzt wären. Die
EVP beharrt als größte Fraktion auf ihrem Kandidaten Antonio Tajani.
Daneben sind mindestens vier weitere Kandidaten im Rennen. Keiner hat
eine eigene Mehrheit, alle suchen Unterstützung anderer Fraktionen.