Brüssel will mehr Datenschutz für Skype und Co.

10.01.2017 15:46

Wer im Internet telefoniert oder Nachrichten verschickt, kann Geld
sparen. Denn solche Angebote sind im Gegensatz zu klassischen
Telefonaten oder SMS kostenlos. Doch wie sieht es mit der
Privatsphäre aus?

Brüssel (dpa) - Wer mit Diensten wie WhatsApp, Facebook oder Skype
kommuniziert, dessen Daten sollen nach dem Willen der EU-Kommission
besser geschützt werden. Derzeit verlangt die europäische
Gesetzgebung bei traditionellen Telefongesprächen einen stärkeren
Schutz der Privatsphäre. Die Brüsseler Behörde machte am Dienstag
Reformvorschläge, denen die EU-Staaten und das Europaparlament aber
noch zustimmen müssten. Damit würde in vielen Fällen die
ausdrückliche Einwilligung von Nutzern zur weiteren Verwendung ihrer
Informationen notwendig. Nationale Regeln zur Vorratsdatenspeicherung
werden davon nicht berührt.

Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht kritisierte die
Pläne indes als unzureichend. «Anbieter elektronischer Kommunikation
sollen in Zukunft die Daten der Nutzer verfolgen und für kommerzielle
Zwecke nutzen dürfen, solange die Betroffenen dies nicht ausdrücklich
verbieten», erklärte er. «Eine Erfassung des Surf-Verhaltens oder der

App-Nutzung sollte (aber) weiterhin nur nach ausdrücklicher
Zustimmung erlaubt sein.»

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) fürchtete hingegen zu
weitreichende Datenschutzauflagen. Der Wirtschaft würden damit
Informationen etwa zur Entwicklung personalisierter Werbung entgehen
- und damit auch eine wichtige Einnahmequelle. «Das Internet, wie wir
es heute kennen, wird es damit nicht mehr geben», warnte
BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr. Der Branchenverband Bitkom
bemängelte, es bleibe unklar, warum das Niveau der bereits
beschlossenen, allgemeiner anwendbaren EU-Datenschutzverordnung nicht
ausreichen solle.

Die EU-Kommission will auch die Regeln für Cookies vereinfachen.
Cookies sind kleine Datenpakete, die von Websites an die Computer von
Nutzern geschickt werden. Mit ihnen lässt sich das Verhalten im
Internet erfassen, daher müssen Nutzer dem Setzen von Cookies in der
Regel per Mausklick zustimmen. Die EU-Kommission will, dass Nutzer
bei der erstmaligen Installation eines Browsers künftig aufgefordert
werden, den Einsatz von Cookies in ihren Privatsphäre-Einstellungen
zu regeln. Derzeit fragen Websites bei jedem Besuch erneut das
Einverständnis zum Einsatz von Cookies ab.

Für Cookies, die nach Einschätzung der EU-Kommission keine
Auswirkungen auf die Privatsphäre haben, soll eine jeweilige
Einwilligung des Nutzers nicht mehr nötig sein, zum Beispiel, wenn es
um die Erstellung eines «Einkaufswagens» beim Online-Shopping geht
oder wenn Websites die Zahl ihrer Besucher erfassen wollen.

Wenn es um unerwünschte Werbung geht, will die EU-Kommission die
Verbraucher besser schützen. Sie müssten ihr Einverständnis geben,
bevor sie automatische Anrufe, SMS oder E-Mails bekommen.

Die Vorgaben für Adblocker, mit denen Internetnutzer ungewollte
Online-Werbung unterdrücken können, will die EU-Kommission
präzisieren. Derzeit sei unklar, ob Websites überprüfen dürfen, ob

Besucher Adblocker nutzen - dies will die EU-Behörde nun ausdrücklich
erlauben. Website-Betreiber könnten den Zugang zu ihrem Angebot
einschränken oder verhindern, wenn Verbraucher solch ein Programm
nutzen.

Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident der
EU-Behörde, Andrus Ansip, will zudem die wirtschaftliche Nutzung
großer, anonymisierter Datenmengen erleichtern. Dabei geht es etwa um
medizinische Informationen zur besseren Gesundheitsversorgung oder
Verkehrsdaten zur Vermeidung von Staus.

Ob dazu gesetzliche Regelungen notwendig sind, prüft die
EU-Kommission derzeit noch. Ansip persönlich ist dafür. Er wehrt sich
insbesondere auch gegen nationale Vorgaben zur Datenspeicherung im
eigenen Land, die er als Hindernis für Innovation und
wirtschaftliches Wachstum über europäische Ländergrenzen hinweg
sieht. «Die Nachricht (an Unternehmen) wäre klar: Bleibt zu Hause,
oder geht gleich in die Vereinigten Staaten», meint er.