Schäuble: Nicht nur an deutschen Vorstellungen kleben

11.01.2017 21:00

Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die
deutsche Politik dazu aufgerufen, zur Überwindung der Krise in Europa
nicht auf alten Vorstellungen zu beharren. «Wir versuchen natürlich,
unser deutsches Verständnis von den Dingen in Europa zur Geltung zu
bringen. Aber es ist eben ein deutsches Verständnis», sagte Schäuble

am Mittwochabend in Berlin. «Wir müssen auch bereit sein, von eigenen
Vorstellungen ein Stück weit Abschied zu nehmen. Das gilt für alle,
auch für uns.» 

Bei einem Festakt zum 70. Geburtstag der Europa-Union Deutschland
machte Schäuble aber zugleich klar, dass er in der
Staatsschuldenkrise keine Zugeständnisse machen will. Das sogenannte
Bailout-Verbot bleibe gültig. «Es ist verboten, dass ein Staat für
die Schulden anderer Länder haftet.» 

Schäuble warb dafür, mit konkreten politischen Schritten der
verbreiteten Europaskepsis zu begegnen. «Ich bin sicher, dass mit
jedem Erfolg die Attraktivität des europäischen Projekts wieder
größer wird», sagte er. Als Beispiele nannte er einheitliche
Asylstandards und ein einheitliches Regime zur Sicherung der
EU-Außengrenzen. Auch bei einer fairen Verteilung von Flüchtlingen
müsse es bis Mitte des Jahres Fortschritte geben. «Dann erübrigt sich

die leidige Obergrenzen-Diskussion», betonte er. 

Das EU-Abkommen mit der Türkei sei «keine Aussage über die
Menschenrechtssituation.» Aber auch mit anderen Ländern müsse es
Abkommen zur Migrationspolitik geben. In der Sicherheitspolitik müsse
Europa unabhängig von den Schritten des künftigen US-Präsidenten
Donald Trump mehr leisten. Höhere Verteidigungsausgaben dürften aber
nicht mit zusätzlichen Schulden finanziert werden. 

Die Europa-Union Deutschland (EUD) versteht sich als unabhängige
Bürgerinitiative für Europa in Deutschland. Sie wurde 1946 gegründet

und hat rund 17 000 Mitglieder in 16 Landesverbänden.