US-Botschafter in Brüssel: Zerfall Europas würde Amerika schaden

13.01.2017 15:59

Brüssel (dpa) - Der scheidende US-Botschafter bei der EU beschwört
die künftige US-Regierung, keine weiteren Keile zwischen die
Mitgliedsstaaten zu treiben. Die USA täten gut daran, den geplanten
EU-Austritt Großbritanniens nicht zu befeuern, sagte Anthony Gardner
am Freitag in Brüssel im Gespräch mit Journalisten. Gardner, der von
der Obama-Regierung ernannt wurde, tritt in der kommenden Woche ab.

«Zu denken, dass wir unseren eigenen Interessen dienen würden, wenn
wir den Zerfall Europas unterstützen, wäre reiner Aberwitz, ein
Wahnsinn», sagte Gardner. Ein geeintes Europa sei für die
amerikanische Wirtschaft ein weitaus attraktiverer Handelspartner.

Der künftige US-Präsident Donald Trump pflegt gute Beziehungen zum
britischen Brexit-Wortführer Nigel Farage und zeigt Sympathien für
den russischen Präsidenten Wladimir Putin. In Brüssel herrscht die
Sorge, dass das transatlantische Verhältnis unter Trump abkühlen
könnte.

Gardner hat nach eigenen Angaben kaum direkte Kontakte zu Vertretern
der künftigen US-Regierung. Diese rechne nach seinen Informationen
aber damit, dass nach Großbritannien noch weitere Länder den
Staatenbund verlassen wollten. «Die Wahrnehmung ist, dass 2017 das
Jahr ist, in dem die EU zerfallen wird», sagte der Diplomat. «Die EU
ist nicht dabei zu zerfallen.» Gardner erhofft sich insbesondere von
Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie diesem Eindruck
entgegentritt.