Backhaus sieht EU-Agrarpolitik in der Sackgasse - zu viel Bürokratie

16.02.2017 16:59

Zu viel Bürokratie, zu viel Kontrolle - Agrarminister Backhaus
fordert ein Umsteuern in der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik.
Bis zu neun Kontrolleure hinter jedem Mitarbeiter in Ämtern, das sei
zu viel.

Nürnberg/Schwerin (dpa/mv) - Die Europäische Agrarpolitik steckt nach
Ansicht von Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) aufgrund
überbordender Bürokratie in einer Sackgasse und macht Landwirten und
Verwaltungen das Leben schwer. «Hinter jedem Mitarbeiter in den
Ämtern, die sich beispielsweise mit Agrarumweltmaßnahmen befassen,
stehen mittlerweile bis zu neun Kontrolleure von europäischen und
nationalen Behörden», sagte Backhaus am Donnerstag am Rande der Messe
Biofach in Nürnberg. Das Ziel, Gutes und Sinnvolles für Mensch und
Natur mit den Steuermillionen zu erreichen, gerate immer mehr in den
Hintergrund. Backhaus forderte einen neuen Kurs bei der Ausgestaltung
und Umsetzung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik nach 2020.

Für ihn stehe die Produktion gesunder Lebensmittel, ein gerechtes
Auskommen für alle in der Landwirtschaft Beschäftigten sowie der
Schutz der natürlichen Ressourcen im Vordergrund. Das «Gerangel um
die Millionen» halte er für legitim, sofern am Ende ein tragfähiger
Kompromiss stehe. Die Zahlungen der Gesellschaft an die Landwirte
müssten stärker an nachvollziehbare, öffentliche Leistungen gebunden

werden - nach dem Motto: «Öffentliches Geld für öffentliche
Leistungen». Eine geplante Umschichtung europäischer Mittel von den
Direktzahlungen zu den Umwelt- und Tierschutzleistungen lehne er
jedoch ab.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte
diese Haltung. «Die EU gibt Deutschland längst die Möglichkeit, ü
ber
die Hälfte der jährlich rund fünf Milliarden Euro Direktzahlungen aus

Brüssel gezielter für Umwelt, Tierwohl und für den Erhalt der
bäuerlichen Betriebe einzusetzen», sagte der AbL-Bundesvorsitzende
Martin Schulz.

Die AbL vermutet, dass sich Backhaus allem deshalb gegen
Umschichtungen wendet, weil von der jetzigen Verteilung vor allem die
flächenstarken Ackerbaubetriebe profitieren. Derzeit würden die
Gelder unbegrenzt für jeden Hektar Fläche gezahlt. «Das führt dazu,

dass einige Unternehmen und Agrar-Holdings bis zu fünf Millionen Euro
pro Jahr erhalten, während fast die Hälfte aller Betriebe in
Deutschland jeweils weniger als 5000 Euro an Direktzahlungen erhält»,
sagte Schulz. Das System subventioniere Flächenbesitz und unterstütze
damit auch außerlandwirtschaftliche Investoren.