Bundestagsgutachten: Auch geänderte Pkw-Maut europarechtswidrig

17.02.2017 05:17

Die Pkw-Maut bekommt mit Korrekturen den juristischen Segen der EU.
So hat es Minister Dobrindt klar gemacht. Dagegen revoltieren aber
manche Nachbarländer. Und eine neue Studie liefert ihnen Munition.

Berlin (dpa) - Die Pkw-Maut verstößt laut einem Bundestagsgutachten
gegen EU-Recht - trotz der Änderungen, die Verkehrsminister Alexander
Dobrindt (CSU) mit Brüssel vereinbart hat. Für sich genommen seien
die Maut und die geplante Maut-Entlastung für inländische Autofahrer
bei der Kfz-Steuer nicht diskriminierend, heißt es in der Studie des
Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags im Auftrag der Grünen. Die
gebotene Gesamtbetrachtung spreche aber dafür, dass die Kombination
«eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
»
zu Lasten von Straßennutzern aus anderen Mitgliedstaaten bewirke.

Diese nach EU-Recht verbotene Diskriminierung lasse sich auch «nicht
auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe stützen», heiß
t
es in der Analyse. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur sowie «BR
Recherche» und «Spiegel Online» vor.

Das Bundeskabinett hatte Ende Januar Änderungen an den seit 2015
geltenden Mautgesetzen auf den Weg gebracht. Sie setzen einen von
Dobrindt und der EU-Kommission gefundenen Kompromiss um, mit dem
Brüssel grünes Licht für die Maut geben will.

So sollen Inländer mit besonders abgasarmen Euro-6-Autos stärker per
Kfz-Steuer-Senkung für ihre Mautzahlungen entlastet werden - um
jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zu den bisherigen

Plänen. Insgesamt soll kein Inländer zusätzlich belastet werden.

Das Gutachten argumentiert, dieses auf eine unmittelbare Kompensation
der Maut für Inländer abstellende System bewirke «eine
Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der an sich gleichermaßen
Infrastrukturabgabepflichtigen». Dies sei auch nicht abweichend zu
bewerten durch die nun geplante, stärker ökologische Ausrichtung der
Steuerentlastung an Schadstoffklassen.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte: «Egal, was Dobrindt auch
versucht: Die absurde Idee einer Maut, bei der am Ende nur Ausländer
zahlen sollen, ist eine Diskriminierung und verstößt gegen EU-Recht.
Es gibt eben keine diskriminierungsfreie Diskriminierung.» Er
forderte CDU und SPD im Bundestag auf, das Vorhaben endlich zu
begraben. «Die Dobrindt-Maut reaktiviert Schlagbäume, schadet der
Wirtschaft, bringt keine Einnahmen, ist ein Bürokratiemonster, hat
keine ökologische Lenkungswirkung und diskriminiert Ausländer.»

Dobrindt hat rechtliche Zweifel an seinem Maut-Modell wiederholt
zurückgewiesen und stützt sich dafür inzwischen auch auf die
EU-Kommission. Verkehrskommissarin Violeta Bulc hatte anlässlich der
Maut-Einigung im Dezember erklärt, die beiden Gesetze zur Maut und
zur Steuerentlastung «werden nach den angekündigten Änderungen
gewährleisten, dass das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in
Einklang steht». Deutsche Nachbarländer, allen voran Österreich,
sehen dagegen weiter eine Benachteiligung ihrer Bürger und drohen mit
einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).