Zahlungs-Obergrenzen - Der Anfang vom Ende des Bargelds? Von Alkimos Sartoros, dpa

17.02.2017 07:00

Die EU-Kommission erwägt europaweite Begrenzungen für
Bargeld-Zahlungen. Die Idee steckt noch in einem frühen Stadium, doch
vor allem in Deutschland regt sich Widerstand. Kritiker fürchten ein
Ende für Münzen und Scheine - mit weitreichenden Folgen.

Brüssel (dpa) - Die Idee der EU-Kommission wirkt unscheinbar - doch
sie könnte es in sich haben: «Barzahlungen sind bei der
Terrorfinanzierung weit verbreitet», heißt es in einem Aktionsplan
der Brüsseler Behörde. Daher lohne es, über Obergrenzen für
Bargeld-Geschäfte nachzudenken. Nachdem die EU-Finanzminister die
Kommission bereits im vergangenen Jahr beauftragt hatten, die
Notwendigkeit dafür zu prüfen, kommt nun Bewegung in die Sache.

Jüngst startete Brüssel eine Analyse zur Folgenabschätzung, in deren

Rahmen aus verschiedensten Teilen Europas Rückmeldungen eingeholt
werden. «Die Kommission geht gerade der Frage nach, ob Regelungen bei
hohen Bargeld-Zahlungen auf EU-Ebene notwendig sind», sagt ein
Sprecher.

In einer Reihe von Ländern gibt es bereits derartige Grenzen, auch
für eine europaweit einheitliche Maßgabe gibt es einige Zustimmung.
Doch vor allem in Deutschland hält sich die Begeisterung in Grenzen.

«Bargeld muss bleiben!», erklärt etwa der Präsident des
Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven.
«Eine Obergrenze für Bargeldgeschäfte wäre der erste Schritt auf de
m
Schleichweg zur völligen Abschaffung von Scheinen und Münzen.» Und
mit dieser Abschaffung sieht er jede Menge negative Folgen verbunden.

«Kein Bargeld bedeutet totale staatliche Kontrolle», meint Ohoven.
«Unter dem Vorwand, Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen, strebt

die EU-Kommission den gläsernen Bürger an.»

Ohoven weiß dabei zumindest einen nicht unbeachtlichen Teil der
deutschen Bevölkerung hinter sich. Studien zufolge nimmt zwar etwa
das mobile Zahlen per Smartphone auch in der Bundesrepublik zu. Doch
im Gegensatz zu beispielsweise skandinavischen Ländern, in denen
längst regelmäßig mit Karte oder per Smartphone-App bezahlt wird,
sind Schein und Münze in Deutschland nach wie vor populär. Einer
Studie der Bundesbank zufolge wurden 2014 79 Prozent der Zahlungen
hierzulande in bar abgewickelt. «Ich halte von den Überlegungen der
Kommission zur Festlegung einheitlicher Obergrenzen für
Bargeldzahlungen rein gar nichts», sagt auch der
CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber.

Die Bundesregierung ist sich der Brisanz bewusst: «Niemand hat die
Absicht...», erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
sichtlich genervt im vergangenen Jahr nach einem Treffen mit seinen
europäischen Amtskollegen in Brüssel.

Die historisch belastete Formulierung brachte Schäuble nicht zu Ende
- DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht hatte den Satz 1961 mit
Blick auf einen möglichen Mauerbau zwischen West- und Ostberlin
ähnlich formuliert. Aber der Bundesfinanzminister meint es ernst: Für
eine einheitliche Regelung von Bargeld-Obergrenzen spreche eine
Menge, meint er. Jedoch: Niemand wolle begrenzen, wie viel Bargeld
die Leute besitzen dürften. Und um die komplette Abschaffung von
Scheinen und Münzen gehe es erst recht nicht. Die Bundesregierung
hält eine Barzahlungs-Grenze von 5000 Euro für sinnvoll.

«Es gibt da eine hysterische Grundhaltung in Deutschland», meint auch
der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. «Nur weil eine Grenze
diskutiert wird, kommt noch keine Bargeld-Abschaffung.»

Die Debatte gewann zudem an Fahrt, als die Europäische Zentralbank
(EZB) ankündigte, den 500-Euro-Schein bis 2018 aus dem Verkehr zu
ziehen und die Ausgabe zu stoppen. Denn Banknoten fallen in die
alleinige Kompetenz der Zentralbank. «Diese Initiative sollte in
Verbindung mit der EZB-Entscheidung gesehen werden», heißt es nun
auch in dem jüngsten Kommissions-Schreiben zu den Bargeld-Grenzen -
und liefert damit den Kritikern weitere Munition.

Bei den EU-Finanzministern dürfte die Diskussion in absehbarer Zeit
auch wieder aufschlagen. Im März wird die EU-Kommission zunächst noch
umfassende öffentliche Konsultationen starten - die nächste
Gelegenheit für Kritiker und Befürworter, sich zu äußern.