Luxemburgs Chefdiplomat: Polen würde heute nicht EU-Mitglied werden

25.02.2017 14:04

Berlin (dpa) - Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat die
EU-Reife Polens angezweifelt. «Das heutige Polen unter Jaroslaw
Kaczynski könnte nicht mehr EU-Mitglied werden», sagte Asselborn dem
«Tagesspiegel» (Sonntag). Zur Begründung führte der dienstälteste

EU-Außenminister an, dass Polen nicht mehr die Kopenhagener Kriterien
respektiere, die das Land vor dem EU-Beitritt erfüllen musste. Dazu
zählt eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung. Die
EU-Kommission wirf der Regierung in Warschau unter anderem vor, die
Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken.

«Die Regierung in Polen verrennt sich bei der Einschränkung der
Rechtsstaatlichkeit immer mehr. Wenn es darum geht, den Rechtsstaat
zu verbiegen, hat offenbar der ungarische Regierungschef Viktor Orban
Pate gestanden», sagte Asselborn. «Aber in Polen kommt noch etwas
hinzu: Jaroslaw Kaczynski, der Chef der Regierungspartei PiS, ist ein
Ideologe. Er glaubt, dass die EU für Polen ein Bremsklotz ist. Er
will eine rechtskonservative Gesellschaftsordnung schaffen, die auf
Nationalstaatlichkeit aufgebaut ist.»

Sanktionen wie beispielsweise ein Entzug des Stimmrechts sind aus
Sicht Asselborns kaum möglich, weil dies eine Einstimmigkeit unter
den übrigen EU-Staaten voraussetzen würde. «Und wir kennen die
Position Ungarns», sagte Asselborn. Vielmehr sollten dem polnischen
Volk mögliche negative Konsequenzen der Rechtsstaatsverstöße vor
Augen geführt werden: «Polen setzt sich selbst in der EU auf die
Kriechspur. Man darf nicht vergessen: Gegenwärtig profitiert das Land
von EU-Fördergeldern in Höhe von vier Prozent der polnischen
Wirtschaftsleistung.»