Neue Initiative soll Migranten aus Europa fernhalten

20.03.2017 17:25

Flüchtlinge aus Afrika sollen so früh wie möglich auf ihrem Weg nach

Europa gestoppt werden. Das wollen mehrere Länder aus Europa
gemeinsam mit Staaten aus Nordafrika erreichen. Zeitgleich spielen
sich auf dem Meer wieder dramatische Szenen ab.

Rom (dpa) - Mit einer neuen gemeinsamen Initiative wollen europäische
und nordafrikanische Länder Migranten an der lebensgefährlichen
Überfahrt nach Europa hindern. Bei einem Treffen der Innenminister,
unter anderem aus Italien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Malta
und Slowenien, und Vertretern aus Tunesien und Libyen wurde am Montag
in Rom eine ständige «Kontaktgruppe» ins Leben gerufen. Erst am
Wochenende waren wieder Tausende Flüchtlinge aus dem Mittelmeer
gerettet worden. Flüchtlingsorganisationen kritisierten das Vorhaben
der Politiker.

«Natürlich haben wir nicht alles gelöst und niemand von uns hat eine

Lösung schon in der Tasche», sagte Italiens Innenminister Marco
Minniti. Aber es gehe darum, gemeinsam zu handeln. Die Gruppe soll
regelmäßig zusammenkommen. Zentrale Punkte sind unter anderem die
Stärkung der Küstenwache und des Grenzschutzes in Libyen.
Fluchtursachen in afrikanischen Ländern sollen bekämpft und die
Flüchtlinge besser geschützt werden.

«Wir wollen versuchen, aus dem Gegeneinander - hier die Europäer,
dort die Nordafrikaner - eine Gemeinsamkeit zu stiften», sagte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor Beginn des Treffens,
das auf Initiative Italiens zustande kam.

Die beteiligten Staaten müssten versuchen, die Menschen aufzuhalten,
«sich durch Libyen auf den Weg zu machen», sagte de Maizière. «Das

Ziel ist, das Geschäftsmodell der Schlepper und Schleuser zunichte zu
machen.» An die Migranten müssten klare Botschaften gesendet werden:
Dass der Weg durch Libyen schwer ist, sie an der Küste von ihrer
Flucht abgehalten werden und sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt
werden, sollten sie es bis nach Europa schaffen.

Die Stabilisierung des libyschen Staates ist aus Sicht des
EU-Kommissars für Migration und Inneres, Dimitris Avramopoulos, der
Schlüssel für die Lösung der Migrationskrise. Denn die Lage in dem
Bürgerkriegsland ist denkbar schwierig: Trotz vor allem westlicher
Unterstützung schaffte es die unter UN-Vermittlung aufgestellte
Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch im
vergangenen Jahr allerdings nicht, ihre Macht nennenswert auszubauen.
Zwei Gegenregierungen machen seiner Führung schwer zu schaffen.

Al-Sarradsch war bei dem Treffen in Rom ebenfalls dabei. Italien ist
von der Flüchtlingskrise besonders betroffen, da dort derzeit die
meisten Menschen aus Afrika über das Mittelmeer ankommen. Seit
Jahresbeginn waren es nach Angaben der Internationalen Organisation
für Migration rund 16 000. Mehr als 520 starben bei der Fahrt.
Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni forderte mehr Engagement
anderer EU-Staaten. «Nicht nur die Geografie entscheidet, wer sich
auf gemeinsamem Territorium einbringt.»

Doch trotz mehrerer Gipfel und Erklärungen zur Migration begeben sich
immer noch Tausende Menschen von Libyen aus auf die lebensgefährliche
Überfahrt. Allein am Wochenende wurden innerhalb von 24 Stunden mehr
als 3000 Menschen bei mehr als 20 Operationen geborgen. Davon rettete
die deutsch-französisch-italienische Initiative SOS Mediterranee fast
1000 Migranten, darunter fast 200 Kinder und Jugendliche, von neun
Booten, wie es auf ihrer Webseite hieß. Grund für die vielen
Überfahrten ist das derzeit günstige Wetter. Die Europäische
Kommission gibt 12,2 Millionen Euro für die italienische Küstenwache,
um die Rettungsaktionen zu unterstützen.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verurteilte die Bestrebungen,
Flüchtlinge möglichst früh aufzuhalten. Damit solle nicht nur
verhindert werden, dass Menschen in die Boote steigen, sondern es
laufe «auf Kooperationen bis hin zum Verfolgerstaat hinaus», hieß es

in einer Erklärung.