Türkischer Vize-Premier sieht Raum für vertiefte EU-Integration

22.03.2017 21:53

Düsseldorf (dpa) - Im Streit zwischen der Türkei und der EU schlägt
Ankara versöhnlichere Töne an. Er hoffe, dass sich die Rhetorik nach
den Wahlkämpfen in der Türkei und Europa «wieder beruhigen wird und
wir zu einer positiven Agenda zurückkehren können», sagte
Vize-Ministerpräsident Mehmet Simsek dem «Handelsblatt».

«Die Türkei hat in einer Weise auf Krisen reagiert, die leider so
wahrgenommen wird, als ob die Türkei sich vom Westen entfernt», sagte
Simsek. Der Wunsch, europäische Standards zu erreichen, sei in der
Türkei aber immer noch stark. Falls die EU in eine Union
verschiedener Geschwindigkeiten übergehe, sieht Simsek Raum für eine
vertiefte Integration in einzelnen Kernbereichen. «Das wäre für alle

Seiten vorteilhaft», erklärte der Stellvertreter von
Ministerpräsident Binali Yildirim.

Zugleich verteidigte Simsek die von seiner Partei AKP angestrebte
Verfassungsreform, die Präsident Recep Tayyip Erdogan eine große
Machtfülle verleihen würde. Europa solle zudem in Bezug auf
Wahlkampfauftritte türkischer Politiker keine Doppelstandards
anwenden. «Schließlich dürfen Gruppierungen wie die PKK, die sogar in

Europa verboten sind, zu Demonstrationen aufrufen, aber wir dürfen
nicht auftreten. Das ist schwer zu verstehen», sagte er.

Zuvor hatte in Deutschland auch schon Sportminister Akif Cagatay
Kilic um Verständnis geworben. Erdogan reagierte aber auf die
Untersagung von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Europa
und besonders Deutschland wiederholt mit wüsten Schmähungen bis hin
zu Nazi-Vergleichen. Die Beziehungen sind seitdem auf dem Tiefpunkt.