Schäuble und Gabriel streiten vor Jubiläumsgipfel über EU-Zahlungen

24.03.2017 16:31

Jubiläumsfeier in Krisenzeiten: Die EU will am Wochenende beim Gipfel
in Rom möglichst große Einigkeit demonstrieren. Uneinig zeigt sich
vorher aber ausgerechnet die Regierung des größten Mitgliedstaats:
Deutschland.

Berlin/Rom (dpa) - Unmittelbar vor dem EU-Jubiläumsgipfel in Rom
streitet die Bundesregierung offen über die deutschen Zahlungen an
Brüssel. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) reagierte verärgert
auf die Forderung seines Kabinettskollegen Sigmar Gabriel,
Deutschland solle mehr Geld in die EU-Kasse überweisen. Vor allem
in Richtung Griechenland sende der SPD-Außenminister damit «eine ganz

falsche Botschaft», sagte er am Freitag im Deutschlandfunk.

Europa leide nicht an einem Mangel an Geld und noch weniger an einem
Mangel an Schulden. «Woran wir leiden ist, dass die Mitgliedstaaten
das nicht machen, was sie machen müssen, sondern, dass sich manche zu
sehr auf andere verlassen», sagte Schäuble.

Deutschland zahlte 2015 rund 14,3 Milliarden Euro mehr in den
EU-Haushalt ein als es zurückbekam. Das ist der höchste Nettobeitrag
eines EU-Mitglieds. Gabriel hatte in einem Beitrag für die
«Frankfurter Allgemeinen Zeitung» argumentiert, Deutschland
profitiere am Ende von diesen Zahlungen, weil 60 Prozent der
deutschen Waren in EU-Länder exportiert würden. «Jeder Euro, den wir

für den EU-Haushalt zur Verfügung stellen, kommt - direkt oder
indirekt - mehrfach zu uns zurück», erklärte Gabriel.

Am Samstag feiern 27 EU-Staats- und Regierungschefs - ohne das
abtrünnige Großbritannien - in Rom die Unterzeichnung der Römischen
Verträge vor 60 Jahren, die zur Grundlage für die Europäische Union
wurden. Die gemeinsame Jubiläumserklärung wird nun auch von der
nationalkonservativen Regierung Polens mitgetragen, die beim
vergangenen Gipfel mit ihrer Blockadehaltung bei der Wiederwahl
Donald Tusks als EU-Ratspräsident noch für einen Eklat gesorgt hatte.

Die polnischen Forderungen seien erfüllt worden, sagte
Ministerpräsidentin Beata Szydlo am Freitag vor ihrem Abflug nach
Rom. «Die Einheit und Unteilbarkeit Europas ist in die Deklaration
aufgenommen worden und das ist ein Erfolg der polnischen Diplomatie»,
erklärte sie der Agentur PAP zufolge. Zuvor hatte sie damit gedroht,
die Abschlusserklärung nicht zu unterstützen. Polen spricht sich
entschieden gegen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten aus, wie es
von Frankreich und Deutschland beworben wird.

Auch Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras sagte vorab zu, das
Abschlussdokument mitzutragen. Griechische Politiker hatten zuvor
gefordert, die «Agenda von Rom» nicht zu billigen. Begründung: Die

internationalen Gläubiger verlangten von Griechenland eine umfassende
Liberalisierung des Arbeitsmarktes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte kurz vor dem Treffen die
wichtige Rolle der EU bei der Bewältigung von künftigen
Herausforderungen: «Einzelne Mitgliedstaaten haben natürlich
unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie wir die Zukunft
gestalten, aber der Weg insgesamt ist klar: Mehr Zusammenarbeit» -
unter anderem bei der Verteidigungspolitik, beim Schutz der
Außengrenzen, bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus,
sagte sie der «Passauer Neuen Presse» und dem «Donaukurier»
(Freitag). 

Die Sicherheitskräfte in Rom sind vor dem Treffen in höchster
Alarmbereitschaft. Zu vier Demonstrationszügen und mehreren
Kundgebungen von EU-Gegnern und -Befürwortern werden am Samstag bis
zu 30 000 Menschen erwartet. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich
gewaltbereite Mitglieder des sogenannten Schwarzen Blocks aus dem In-
und Ausland daruntermischten, hieß es am Freitag bei der Polizei in
Rom. Nach dem Anschlag von London wurde das Konzept noch einmal
überarbeitet.