Papst mahnt Europa zu Solidarität und Zusammenhalt

24.03.2017 19:07

Emotionaler Auftakt zu den europäischen Jubiläumsfeiern in Rom. Papst
Franziskus redet den Staats- und Regierungschefs der EU ins Gewissen.
Europa muss mehr sein als Regeln und Vorschriften, sagt er.

Rom (dpa) - Zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen
Verträge hat Papst Franziskus die Europäische Union eindringlich
zu
Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen. Bei einer Audienz für
die Staats- und Regierungschefs der EU im Vatikan sagte der Papst,
Solidarität sei das wirksamste Heilmittel gegen die modernen Formen
des Populismus, dürfe aber nicht nur aus Worten bestehen. «Die
Solidarität ist nicht nur ein guter Vorsatz. Sie ist gekennzeichnet
durch konkrete Taten und Handlungen», betonte er. Populistische
Strömungen seien dagegen «Blüten des Egoismus».

Bei der Audienz waren neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den
26 anderen «Chefs» auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junck
er
und weitere EU-Spitzen dabei. Die britische Premierministerin Theresa

May nimmt nach der Brexit-Entscheidung ihres Landes an den
Jubiläumsfeiern nicht teil.

Die Römischen Verträge legten vor 60 Jahren den Grundstein für die
heutige EU. «Sechzig Jahre später nach Rom zurückzukehren, darf nicht

bloß eine Reise in die Erinnerungen sein», mahnte Franziskus. Die
Gründungsideale der Europäischen Union dürften nicht auf
wirtschaftliche und finanzielle Erfordernisse reduziert werden, sagte
der Papst weiter. Europa sei mehr als die Summe einzuhaltender
Regeln, «nicht ein Handbuch von zu befolgenden Protokollen und
Verfahrensweisen».

Franziskus appellierte an die Staats- und Regierungschefs, die
Flüchtlingsbewegungen auch als Herausforderung für das ideelle und
geistige Erbe Europas zu begreifen. «Man kann sich nicht darauf
beschränken, die schwerwiegende Flüchtlingskrise dieser Jahre so zu
bewältigen, als sei sie nur ein zahlenmäßiges, wirtschaftliches ode
r
die Sicherheit betreffendes Problem. Die Migrationsproblematik stellt
eine tiefere Frage, die vor allem kultureller Natur ist», sagte er.

«Europa findet wieder Hoffnung, wenn es in die Entwicklung und den
Frieden investiert», fuhr Franziskus fort. Es müsse sich aber auch
den jungen Menschen öffnen und ihnen ernsthafte Perspektiven zur
Bildung und zur Eingliederung in die Arbeitswelt geben. «Es gibt
keinen Frieden, wo Arbeit und die Aussicht auf einen menschenwürdigen
Lohn fehlen», sagte der Papst.