May lädt Juncker nach London ein - britischer Wahlkampf beginnt

20.04.2017 17:26

Umfragen sagen der britischen Premierministerin May bei der Neuwahl
am 8. Juni einen Sieg voraus. Wie sich das auf ihren Brexit-Kurs
auswirken könnte, ist umstritten. Kommende Woche erwartet sie
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in London.

London/Brüssel (dpa) - Einen Tag nach der Zustimmung des Parlaments
zu Neuwahlen ist der Wahlkampf in Großbritannien bereits im vollen
Gange. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei gab sich
trotz schlechter Umfragewerte zuversichtlich. Bei einem
Wahlkampfauftritt am Donnerstag in London verwies er darauf, dass
Meinungsumfragen sich in der Vergangenheit oft als falsch
herausgestellt hätten. Als Brexit-Gegner will sich Corbyn nicht
verstanden wissen. Forderungen nach einem zweiten Referendum über das
Abkommen mit der EU erteilte er eine Absage. Einer jüngsten Erhebung
des Instituts YouGov zufolge liegt Corbyns Partei bis zu 24 Prozent
hinter den Konservativen von Premierministerin Theresa May.

May will Medienberichten zufolge einen harten Brexit in ihrem
Wahlprogramm verankern. Das schrieb die konservative Boulevardzeitung
«Daily Mail» unter Berufung auf Parteikreise. Demnach soll der
Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt, der Zollunion und
ein Ende der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in
Großbritannien zu den Wahlversprechen der Konservativen gehören. Der
Bericht steht im Widerspruch zu Spekulationen, May könne sich nach
einem Wahlsieg kompromissbereiter gegenüber der EU zeigen.

Die Premierministerin selbst nutzte derweil ein Treffen mit dem
Präsidenten des EU-Parlaments, Antonio Tajani, in London, um gut
Wetter für die anstehenden Brexit-Verhandlungen zu machen. Sie sei
sich mit Tajani einig, dass die Rechte von EU-Bürgern in
Großbritannien und von Briten in der EU bei den
Austrittsverhandlungen Vorrang hätten, teilten beide Seiten nach dem
Gespräch mit.

Kommende Woche erwartet May Jean-Claude Juncker in London. Der
EU-Kommissionschef werde am Mittwoch nach London reisen, teilte eine
Kommissionssprecherin in Brüssel mit. Als Begleiter seien
Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier, Kabinettschef Martin Selmayr
sowie Junckers diplomatischer Berater Richard Szostak vorgesehen.

Die Beratungen in London werden drei Tage vor dem Brexit-Sondergipfel
in Brüssel stattfinden. Bei ihm wollen die verbleibenden 27
EU-Staaten die Leitlinien für die Austrittsverhandlungen mit
Großbritannien festlegen. Diese sollen im Juni nach der britischen
Parlamentswahl beginnen und 2019 abgeschlossen sein. Bei dem Gespräch
mit Juncker wird May noch einmal die Gelegenheit haben, ihre
Vorstellungen vom Ablauf der Verhandlungen darzulegen. Zum
Sondergipfel am 29. April in Brüssel ist sie nicht eingeladen.