TTIP: US-Handelskammer setzt auf neue Gespräche nach Bundestagswahl

19.05.2017 10:59

Spätestens seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten liegt
TTIP auf Eis. Die amerikanische Handelskammer sieht dennoch Chancen
für ein Freihandelsabkommen - notfalls auf Umwegen.

Frankfurt/Main (dpa) - Die amerikanische Handelskammer in Deutschland
(AmCham Germany) hofft auf eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über
den Handelsvertrag TTIP nach der Bundestagswahl im September. «Ich
bin sicher, dass das Thema Transatlantisches Freihandelsabkommen nach
der Wahl wieder auf den Tisch kommt», sagte Präsident Bernhard Mattes
der Deutschen Presse-Agentur. «Die Tür ist immer noch offen.»

Auch unter US-Präsident Donald Trump seien neue Gespräche über das

umstrittene Abkommen zwischen der EU und den USA möglich, meinte
Mattes - «möglicherweise unter anderem Namen». Bundeskanzlerin Angela

Merkel (CDU) habe Trump bei ihrem Besuch im März die Dringlichkeit
von Freihandel mit Europa deutlich gemacht. «Trump hat verstanden»,
sagte Mattes dazu. Am internationalen Handel hingen 40 Millionen Jobs
in den USA. «Abschottung ist keine Lösung.»

Die im Juli 2013 aufgenommenen Verhandlungen über TTIP hatten sich
zuletzt als zäh erwiesen, zum erhofften Abschluss im vergangenen Jahr
kam es nicht. Trump hat angekündigt, die heimische Wirtschaft mit
Handelsbarrieren zu schützen. Und in Europa gibt es heftigen
Widerstand von Verbraucher- und Umweltschützern, die eine Absenkung
von Standards befürchten. Jüngst hatte sich Merkel offen für eine
Wiederaufnahme der TTIP-Gespräche gezeigt.

Für Deutschland sind enge Wirtschaftsbeziehungen zu den USA sehr
wichtig. 2016 exportierte die Bundesrepublik Waren im Wert von 106,9
Milliarden Euro dorthin - so viel wie in kein anderes Land. In
Deutschland hängen laut dem Ifo-Institut direkt und indirekt mehr als
eine Million Arbeitsplätze an Ausfuhren in die Vereinigten Staaten.

Jedoch sind die rechtlichen Hürden für Handelsverträge mit der EU
jüngst gestiegen. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich den Weg
für ein Veto-Recht nationaler Parlamente gegen Freihandelsabkommen
der EU geebnet. Die EU-Kommission hatte hingegen die Position
vertreten, dass nur eine Mitwirkung des Europaparlaments und der
Regierungen der Mitgliedstaaten am Abschluss vorgesehen ist.

Neue Gespräche über ein transatlantisches Freihandelsabkommen seien
ohnehin erst mittelfristig zu erwarten, meinte Mattes. Die Regierung
Trump sei erst seit kurzem komplett und noch dabei, sich zusammen zu
finden. «Für komplexe Themen wie Freihandelsabkommen braucht es aber
die volle Arbeitsstärke.»

Trotz der Unsicherheit über den Kurs Trumps halten sich aus Sicht der
AmCham Germany deutsche Unternehmen kaum mit neuen Investitionen in
den USA zurück. Bestenfalls bei der Umsetzung bereits beschlossener
Investitionen gebe es teils Verzögerungen. «Da die Regierung Trump
keinen verlässlichen Rahmen vorgibt, machen die Firmen «Business as
usual»», sagte Mattes. Es sei weiter unklar, was genau Trump in der
Handels-, Steuer- oder Gesundheitspolitik vorhabe. Mattes, der am
Freitag auf der Jahreskonferenz der Kammer in Frankfurt für zwei
Jahre wiedergewählt wurde, will sich weiter für Freihandel, die
deutsch-amerikanischen Beziehungen und den Standort Deutschland
einsetzen.