Schuldenstreit überschattet entscheidende Runde im Griechenland-Poker

22.05.2017 17:25

Wichtige Hürden vor der Auszahlung frischer Kredite an Griechenland
sind bereits genommen. Aber ein alter Streit holt die Unterhändler
immer wieder ein.

Brüssel (dpa) - Deutschland sieht gute Chancen für frische Kredite an
das überschuldete Griechenland. «Ich hoffe, dass wir heute zu einer
Lösung kommen, die politisch die Sache abschließt», sagte
Finanzminister Wolfgang Schäuble am Montag vor Beratungen der
Euro-Finanzminister in Brüssel. Doch überschattete erneut der Streit
über Schuldenerleichterungen das zähe Ringen um einen Durchbruch.
Auch die Bundesregierung ist sich darüber nicht einig.

Es geht um die nächste Tranche aus dem bereits 2015 aufgelegten
Hilfsprogramm für Griechenland. Das Parlament in Athen hatte zuletzt
auf Drängen seiner Gläubiger weitere Sparprogramme für die Jahre 2019

und 2020 beschlossen, um den Weg für die Auszahlung frei zu machen.
Die Euro-Finanzminister müssen formell bestätigen, dass die Reformen
ausreichen. Die EU-Kommission hält das für gegeben.

Zweite Bedingung ist für Deutschland, dass der Internationale
Währungsfonds sich an dem Hilfsprogramm beteiligt, das bisher nur von
den europäischen Partnern Griechenlands gestemmt wird.
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mahnte den IWF am Montag noch
einmal: «Es ist Zeit für den IWF, an Bord zu kommen.»

Der IWF zweifelt allerdings daran, dass die Schuldenlast des
EU-Landes langfristig tragfähig ist. Deshalb fordert die Washingtoner
Institution Schuldenerleichterungen für Griechenland. Schäuble will
aber darüber frühestens 2018 entscheiden, wenn das Hilfsprogramm
ausläuft.

Beide Positionen seien noch nicht in Übereinstimmung zu bringen,
sagte Schäuble vor der Brüsseler Sitzung. «Deswegen müssen wir
schauen, wie wir mit dem IWF eine Lösung finden, dass der IWF sich
weiter am Programm beteiligt, ohne gegen seine Regeln zu verstoßen»,
fügte der CDU-Politiker hinzu. «Und das wird eines der schwierigen
Dinge sein.» Trotzdem sei er zuversichtlich, dass eine Lösung möglich

sei.

Auch sein neuer französischer Kollege Bruno Le Maire gab sich
überzeugt, dass man einen Kompromiss finden werde. Der ebenfalls aus
Frankreich stammende Finanzkommissar Pierre Moscovici forderte
Bewegung. Das Parlament in Athen habe ein ambitioniertes und
schmerzhaftes Sparprogramm beschlossen, jetzt sei es an den
Kreditgebern, Verantwortung zu übernehmen, sagte Moscovici. «Das
griechische Volk braucht dringend einen Durchbruch.» Dazu zähle eine
Lösung für die Tragfähigkeit der griechischen Schulden.

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel dringt auf konkrete Zusagen
für Erleichterungen ab 2018. «Immer wieder ist Griechenland eine
Schuldenerleichterung versprochen worden, wenn die Reformen
durchgeführt werden», sagte der SPD-Politiker der «Süddeutschen
Zeitung». «Jetzt müssen wir zu diesem Versprechen stehen.»

Der neue französische Präsident Emmanuel Macron setzt seinerseits auf
eine baldige Vereinbarung, um Griechenlands Schuldenlast dauerhaft zu
erleichtern. Das verlautete nach einem Telefonat Macrons mit dem
griechischen Premierminister Alexis Tsipras aus Élysée-Kreisen.

Schäuble kontert, für Verhandlungen jetzt wäre ein neues Mandat des
Bundestags nötig. Vorstellen kann sich der Bundesfinanzminister aber,
dass schon jetzt etwas konkreter gesagt wird, welche Erleichterungen
ab 2018 zur Debatte stehen könnten.

Griechenland hat nach Angaben der EU-Kommission mit knapp 179 Prozent
der Wirtschaftsleistung mit Abstand die höchste Schuldenlast in der
Eurozone. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.