Gerangel um Griechenland: Weg für weitere Hilfen noch versperrt Von Takis Tsafos, Matthias Arnold und Martina Herzog, dpa

23.05.2017 07:30

Bis in den späten Abend rangen die Finanzminister der Euro-Staaten um
neue Hilfen für Griechenland. Doch eine Einigung kam nicht zustande.
Woran hat's gelegen?

Brüssel (dpa) - Griechenland muss weiter auf neue Kreditzusagen
warten. Die Finanzminister der Euro-Staaten konnten sich in der Nacht
auf Dienstag nicht grundsätzlich auf die Bereitstellung der nächsten
Kredit-Tranche einigen. Ein Überblick.

Worum ging es in den Verhandlungen?

Die Finanzminister der Euro-Staaten sollten darüber entscheiden, ob
Griechenland bald wieder Geld erhält. Mit der neuen Kredit-Tranche
sollen die Griechen im Juli Schulden in Höhe von gut sechs Milliarden
Euro zurückzahlen können.

Das frische Geld kommt aus dem 2015 vereinbarten dritten
Hilfsprogramm, das bis zu 86 Milliarden Euro Unterstützung bis 2018
vorsieht. Damit die einzelnen Zahlungen fließen, müssen die Geldgeber
aber jedes Mal zufrieden mit den aktuellen Spar- und
Reformanstrengungen in Griechenland sein. Das war auch nicht das
Problem. Sowohl Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem als auch
EU-Kommissar Pierre Moscovici lobten die Reformbemühungen der
Griechen vor und nach den Gesprächen.

Woran ist die Einigung dann vorerst gescheitert?

Aus Verhandlungskreisen hieß es, Griechenland habe höhere
Schuldenerleichterungen erreichen wollen, als von den anderen
Euroländern vorgeschlagen worden seien. Auch der Internationale
Währungsfonds (IWF) verlangte offensichtlich weitere Zugeständnisse.
Dazu sei unter anderem Deutschland nicht bereit gewesen, hieß es.

Unter anderem Deutschland beharrt darauf, dass der IWF als Geldgeber
bei dem aktuellen Hilfspaket an Bord kommt. Bislang ist der Fonds
beim dritten Programm nur als Berater dabei. Der IWF möchte aber nur
dann Geld geben, wenn er die griechischen Schulden als langfristig
erträglich einschätzt und es Chancen gibt, dass das Land sich wieder
selbst Geld am Kapitalmarkt besorgt.

Warum braucht Griechenland schon wieder frisches Geld?

Zahlt Athen seine Kredite nicht zurück, dann drohen die Pleite
Griechenlands und eine neue schwere Krise in der Eurozone. Die
Athener Regierung wiederum will, dass das Land endlich eine Atempause
bekommt, ohne nagende Ungewissheit über die Staatsfinanzen. Nur so
kann Griechenland auf den Aufschwung hoffen.

Gab es auch Fortschritte?

Zumindest die Haushaltsvorgaben für Griechenland sind nun laut
Dijsselbloem klarer. Die Minister legten demnach fest, dass das Land
in den kommenden fünf Jahren einen sogenannten Primärüberschuss in
Höhe von 3,5 Prozent erwirtschaften muss. Damit ist der
Haushaltsüberschuss ohne die Kosten für den Schuldendienst gemeint.

Welche Sparmaßnahmen hat Griechenland zuletzt beschlossen?

Um die Forderungen seiner Geldgeber zu erfüllen, hat Griechenland nun
ein hartes Sparprogramm in Höhe von knapp fünf Milliarden Euro
beschlossen. Die Renten sollen ab dem 1. Januar 2019 um bis zu 18
Prozent gekürzt werden. Dies soll den griechischen Haushalt jährlich
um rund 2,7 Milliarden Euro entlasten. Wegen der defizitären
Rentenkassen muss Athen die Renten finanzieren.

Ab dem 1. Januar 2020 soll auch der jährliche Steuerfreibetrag von
heute 8636 Euro auf 5700 Euro gesenkt werden. Das soll jährlich mehr
als zwei Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.

Wie geht es den Griechen? Gibt es Aussicht auf Besserung?

Vielen Griechen geht es seit sieben Jahren immer schlechter. Die
Bürger haben nach Angaben von Außenminister Nikos Kotzias seit 2010
im Durchschnitt 27 Prozent ihres Einkommens verloren. Ein
Sparprogramm jagt das nächste.

Die griechische Wirtschaft steckt in einem Teufelskreis. Der Konsum
geht zurück. Also entlassen die Unternehmen Arbeitnehmer. Die
Nachfrage sinkt weiter - und neue Entlassungen sind die Folge. Fast
jeder Vierte ist ohne Arbeit.

Dennoch: Beobachter sehen erste Anzeichen eines Aufschwungs. Dazu
trägt der Tourismus bei, der dieses Jahr regelrecht boomt. Wunder
solle man zwar nicht erwarten, warnen Finanzexperten. Der Aufschwung
sei aber in Sicht.    

Was passiert nun? 

In drei Wochen, am 15. Juni, wollen sich die Finanzminister
der Eurostaaten in Luxemburg erneut treffen. Mehrere Beteiligte
äußerten sich in der Nacht zum Dienstag zuversichtlich darüber, dass

dann eine Einigung erzielt werden könne.