Euro-Staaten wollen sich im Juni auf Griechenland-Kredite einigen

23.05.2017 08:03

Wer lässt wen zappeln? Das ist die Frage nach den jüngsten
Verhandlungen über einen neuen Milliardenkredit für Griechenland.
Eine Einigung steht weiter aus - und die Uhr tickt.

Brüssel/Athen (dpa) - Das pleitebedrohte Griechenland muss trotz
harter Sparanstrengungen weiter auf eine feste Zusage für einen neuen
Kredit warten. Die Vereinbarung solle nun beim nächsten Treffen am
15. Juni geschlossen werden, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen
Dijsselbloem. Man sei einer Lösung bereits «sehr nahe». In der Nacht

zum Dienstag hatten sich die Finanzminister der Euro-Staaten und der
Internationale Währungsfonds (IWF) nicht darauf einigen können, in
welcher Art und Weise dem Land Schuldenerleichterungen in Aussicht
gestellt werden sollen.

IWF-Chefin Christine Lagarde hatte zuvor auf eindeutige Zusagen der
Europäer zu Schuldenleichterungen für Athen gepocht. Davon macht der
Fonds seine Beteiligung an weiteren Griechenland-Hilfen abhängig. 

Griechenland steht wieder einmal unter Druck, weil die Regierung im
Juli Schulden in Höhe von gut sechs Milliarden Euro zurückzahlen
muss. Die Presse in Athen reagierte besorgt: «Uns sind die
Sparmaßnahmen geblieben - der Abbau des Schuldenberges wurde in die
Zukunft versetzt», titelte die Athener Zeitung der politischen
Mitte «Ta Nea». Die linke Athener Zeitung «Efimerida ton Syntak
ton»
titelte: «Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und dem IWF
sind unüberbrückbar.»  

An wem die Einigung scheiterte, blieb zunächst unklar. Aus
Verhandlungskreisen hieß es, Griechenland habe höhere
Schuldenerleichterungen erreichen wollen, als von anderen Euroländern
vorgeschlagen. Auch der IWF verlangte allerdings weitere
Zugeständnisse und Details.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist deswegen in einer
schwierigen Situation. Er pocht auf eine Beteiligung des IWF am
Hilfsprogramm, will andererseits aber zum derzeitigen Zeitpunkt noch
keine festen Zusagen für Schuldenerleichterungen machen. 

Dijsselbloem erklärte, eine endgültige Entscheidung darüber solle wie

vereinbart erst nach Ende des laufenden Hilfsprogramms 2018 fallen.
Allerdings brauche der IWF schon jetzt genaue Angaben zu den dann
möglichen Entlastungen.

Dijsselbloem beschrieb das Problem so: «Wir müssen genau sein, ohne
eine endgültige Zahl zu nennen.» Grundsätzlich denkbar seien länger
e
Zahlungsfristen für Kredite oder spätere Zinszahlungen. Bis zum
Sommer solle der IWF seine Beteiligung als Geldgeber am aktuellen
Hilfsprogramm zusagen. Bislang ist der Fonds beim dritten Programm
nur als Berater dabei.

Finanzminister Schäuble äußerte sich in der Nacht nicht zum Verlauf
der Verhandlungen. Der neue französische Wirtschafts- und
Finanzminister Bruno Le Maire sagte, seiner Meinung nach habe sein
deutscher Kollege «substanzielle Anstrengungen» unternommen. «Ich
habe das Gefühl, heute hat jeder einen Schritt in die Richtung des
anderen gemacht (....). Das macht die Stärke der
deutsch-französischen Beziehungen aus», kommentierte er nach den
Verhandlungen.

Konkrete Fortschritte gab es in Brüssel bei den Haushaltsvorgaben für
Griechenland. Die Minister legten fest, dass das Land in den
kommenden fünf Jahren einen sogenannten Primärüberschuss in Höhe vo
n
3,5 Prozent erwirtschaften muss. Damit ist der Haushaltsüberschuss
ohne die Kosten für den Schuldendienst gemeint.

Griechenland erhält mittlerweile seit 2010 internationale Kredite.
Derzeit läuft das dritte, im Sommer 2015 vereinbarte Hilfsprogramm
mit einem Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro. Zahlungen erhält
Griechenland allerdings nur in Teilsummen. Ob die einzelnen Tranchen
ausgezahlt werden, hängt unter anderem vom Fortschritt der Reformen
ab, zu denen sich Athen im Gegenzug verpflichtet hat.

Um den Weg zu frischen Hilfskrediten zu ebnen, hatte Griechenland in
der vergangenen Woche ein weiteres hartes Sparprogramm in Höhe von
knapp fünf Milliarden Euro beschlossen. So sollen unter anderem die
Renten ab dem 1. Januar 2019 um bis zu 18 Prozent gekürzt werden. Ein
Jahr später soll der jährliche Steuerfreibetrag von heute 8636 Euro
auf 5700 Euro gesenkt werden. Das soll jährlich mehr als zwei
Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.

Die Minister hätten die griechischen Sparbemühungen als ausreichend
eingestuft, kommentierte der griechische Finanzminister Euklid
Tsakalotos. Die «Qualität des Reformpakets» sei anerkannt worden. «
In
dem Bereich rechnet niemand mit Problemen.»