Orban schreibt an Kohls Witwe: «Bleibendes Beispiel und Kompass»

22.06.2017 13:21

Budapest (dpa) - Vor dem Hintergrund des Familienstreits um die
Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl hat
der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban einen Brief an Kohls
Witwe geschrieben. Nach einem Bericht des «Spiegels» soll Maike
Kohl-Richter ursprünglich die Idee vorgetragen haben, nur
ausländische Gäste bei der Trauerfeier sprechen zu lassen, darunter
Orban. Der rechts-konservative Politiker gilt als erbitterter Gegner
der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die
auf diese Weise ausgeladen worden wäre. Der Bericht war später von
einem Anwalt der Witwe dementiert worden.

Orban ging in dem Schreiben, das am Donnerstag in Budapest
veröffentlicht wurde, nicht auf den Disput ein. «Die Arbeit von
Helmut Kohl, wodurch er das Land aufbaute, bleibt stets ein Beispiel
und ein Kompass», schrieb er laut der amtlichen deutschen
Übersetzung. Als Architekt der deutschen Einheit habe Kohl damit auch
«die Freiheit und Unabhängigkeit der mitteleuropäischen Nationen
garantiert».

Orban hatte den schon schwer kranken Kohl noch im April 2016 in
seinem Haus in Oggersheim besucht. Das enge Verhältnis des heute
umstrittenen Ungarn zum deutschen Altkanzler reichte in die Zeit der
demokratischen Wende im damaligen Ostblock zurück. Orban war damals
ein Oppositioneller gegen das kommunistische Regime gewesen.