EZB stellt Weichen für mehr Aufsichtsrechte im Euro-Wertpapierhandel

23.06.2017 12:08

Handelsgeschäfte mit Euro-Wertpapieren werden überwiegend in London
abgewickelt. Doch wer kontrolliert den Billionenmarkt, wenn
Großbritannien aus der EU austritt?

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) bereitet
sich mit einem ersten Schritt auf den EU-Austritt der Briten (Brexit)
vor: Die Zentralbank will ihre Rechte in der Aufsicht über
Finanzgeschäfte, die in Euro abgewickelt werden, stärken und reagiert
damit auf entsprechende Pläne der EU-Kommission.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 22 ihrer Statuten solle
eine «effiziente und zuverlässige» Abwicklung solcher Geschäfte
sichergestellt werden, teilte die Notenbank am Freitag in Frankfurt
mit. Es gehe darum, dass das Eurosystem weiter die Risiken
«überwachen und angehen können, die sich aus zentralen
Clearingaktivitäten für die Durchführung der Geldpolitik, das
Funktionieren der Zahlungssysteme und die Stabilität der
Gemeinschaftswährung ergeben könnten».

Derzeit findet die billionenschwere Abwicklung von Handelsgeschäften
mit Euro-Wertpapieren, das sogenannte Euro-Clearing, überwiegend in
London statt. Clearing-Häuser stehen im Handel zwischen Käufer und
Verkäufer und springen ein, wenn einer der Handelspartner ausfällt.
Kommt der Brexit wie geplant in zwei Jahren, droht Aufsehern auf dem
Kontinent ein Kontrollverlust über diesen wichtigen Markt. Seit
dieser Woche verhandelt die britische Regierung mit den verbleibenden
27 Staaten der Europäischen Union über die genaue Ausgestaltung des
Brexit - auch beim laufenden EU-Gipfel in Brüssel.

Zuletzt mehrten sich Forderungen, die Verrechnung von Zins- und
Anleihekontrakten basierend auf Euro aus London abzuziehen. Risiken,
die für Kontinentaleuropa schlagend werden könnten, müssten «auch a
us
Europa heraus kontrolliert werden», sagte etwa der Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU).

Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche Pläne für eine
strengere Aufsicht über das Clearing im Handel mit Finanzprodukten
wie Derivaten vorgestellt, die einzelne große Akteure nach dem Brexit
zum Umzug von Großbritannien in die EU zwingen könnten: Brüssel will

mit Änderungen der 2012 eingeführten EU-Regeln für europäische
Marktinfrastrukturen (EMIR-Verordnung) die Aufsicht über
Verrechnungsstellen für Käufer und Verkäufer - sogenannte Zentrale
Gegenparteien - stärken, selbst wenn diese ihren Sitz außerhalb der
EU haben.