Schulz präsentiert sich in Paris als guter EU-Partner für Macron

20.07.2017 21:51

Wahlkampf an der Seine: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sucht einen
demonstrativen Schulterschluss mit Frankreichs neuem Staatschef
Emmanuel Macron. Mit Seitenhieben auf die Kanzlerin.

Paris (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat Frankreichs
Präsidenten Emmanuel Macron besucht und Gemeinsamkeiten mit den
europapolitischen Forderungen des Franzosen herausgestellt. Bei den
in Europa nötigen Reformschritten gebe es «eine enorme
Übereinstimmung», sagte Schulz nach dem Treffen am Donnerstagabend
Journalisten. Er habe mit Macron unter anderem über einen
Finanzminister der Eurozone und einen Investitionsplan für Europa
gesprochen.

Zuvor hatte Schulz in einer Rede vor Studenten die Europapolitik der
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Deutschland habe in Europa
«zu oft einen eisernen Händedruck geboten, zu selten die Hand
gereicht», sagte der Sozialdemokrat auf Französisch.

«Wir könnten heute schon viel weiter sein», betonte er mit Blick auf

eine Weiterentwicklung der Europäischen Währungsunion. «Der Prozess
wurde gebremst, besonders von der Zurückhaltung der Bundesregierung
in Deutschland und insbesondere von Finanzminister (Wolfgang)
Schäuble, unterstützt von Kanzlerin Merkel.»

Die Initiative für die Zusammenkunft im Élyséepalast war nach
französischer Darstellung von Schulz ausgegangen, Frankreichs
Staatschef äußerte sich anschließend nicht.

Schulz liegt in Umfragen weit hinter Merkel, die seit Macrons
Amtsantritt schon mehrfach mit dem Präsidenten zusammengetroffen war.
Erst vor einer Woche hatten beide sich beim deutsch-französischen
Ministerrat in Paris auf gemeinsame Initiativen im
Verteidigungsbereich verständigt. Merkel hatte während des
französischen Präsidentschaftswahlkampfs mehrere wichtige Kandidaten
zu Gesprächen im Kanzleramt empfangen, auch Macron.

Macrons Wahl hatte Hoffnungen auf neuen Schwung in der EU geweckt, er
strebt unter anderem eine Reform der Währungsunion an und sucht dabei
eine enge Partnerschaft mit Deutschland. Merkel hatte sich nach
Macrons Wahlsieg für Veränderungen offen gezeigt.

Schulz kritisierte jedoch, Merkel mache keine klaren Ansagen, wo sie
in Europa hin wolle. «Frau Merkel hat dem deutschen Volk gesagt: Ich
habe großes mit Europa vor, aber was, sage ich euch nach der Wahl.»
Er erinnerte daran, dass Macron in der Rechtspopulistin Marine Le Pen
eine «radikale Anti-Europäerin» geschlagen hatte. «Deshalb braucht
er
auch nicht warme Worte, sondern er braucht konkrete Kooperationen.
Und ich glaube, die kriegt er mit mir mehr als mit Angela Merkel.»