SPD will Elektroautos mit EU-Quote voranbringen Von Teresa Dapp, dpa

11.08.2017 16:43

Klar ist: Im Lauf dieses Jahrhunderts soll der Verkehr emissionsfrei
werden, also keine Abgase mehr produzieren. Der Weg dahin ist
politisch heftig umstritten. Im Wahlkampf heizt SPD-Chef Schulz die
Debatte mit einem Quoten-Vorstoß an.

Berlin (dpa) - Mit der Forderung nach verbindlichen Quoten für
Elektroautos in der EU hat die SPD die Debatte um Diesel-Abgase und
drohende Fahrverbote angeheizt. Für seinen Vorstoß bekam
Kanzlerkandidat Martin Schulz am Freitag Unterstützung von zwei
SPD-Ministerinnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich
zunächst nicht auf eine Position festlegen. Die EU-Kommission hatte
allerdings erst Anfang der Woche mitgeteilt, eine solche Quote sei
nicht geplant.

Die Quote solle nicht für die Autobauer gelten, sondern für
Neuzulassungen, erläuterte Schulz seinen Vorschlag, der Teil eines
Fünf-Punkte-Plans zur Zukunft des Automobilstandorts Deutschland ist.
Der Staat müsse einen E-Auto-Anteil festlegen, etwa bezogen auf die
Einwohnerzahl. Das sei ein Anreiz für die Autobauer, sich auf diesem
Markt eine gute Position zu sichern. Kaufanreize sollten Kunden dazu
bringen, Autos mit elektrischem Antrieb zu kaufen.

Deutschland fördert Elektroantriebe bereits unter anderem mit
Kaufprämien. Das Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf der
Straße zu haben, gelte weiter, sagte Regierunssprecher Steffen
Seibert. Merkel hatte im Mai erklärt, es würde - Stand jetzt - wohl
nicht erreicht. Jeder Vorschlag, der mehr Dynamik beim Ausbau zum
Ziel habe, sei «erst einmal willkommen», sagte Seibert. Laut
Auto-Branchenverband VDA lag der E-Auto-Anteil bei Neuzulassungen in
Deutschland im ersten Halbjahr 2017 bei 1,3 Prozent - das ist
immerhin ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte der Deutschen
Presse-Agentur, sie rechne mit einem Vorschlag aus Brüssel zu
künftigen CO2-Grenzwerten, der auch eine Quote für E-Autos enthalten
werde. Anders seien die Klimaschutzziele in der EU nicht zu
erreichen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) glaubt,
das könne «den Druck auf die Hersteller erhöhen, bedarfsgerechte
Elektro-Autos anzubieten.» Greenpeace nannte den Vorstoß ein
«richtiges Signal an Hersteller und Verbraucher».

Der VDA zeigte sich dagegen skeptisch: Für die Elektromobilität gebe
es «wirksamere und marktwirtschaftlich überzeugendere Anreize». Dazu

zählten eine ausgebaute Ladeinfrastruktur und Privilegien für die
Elektromobilität, etwa Parken in Innenstädten. Die IG Metall betonte,
dass das Problem nicht mit «Aussitzen» zu lösen sei. «Der Markt wir
d
es nicht richten, wenn wir diesen Transformationsprozess meistern
wollen und es dabei gerecht zugehen soll», sagte Gewerkschaftschef
Jörg Hofmann.

Die Union im Bundestag lehnt eine verbindliche Quote ab. Statt eine
Technologie vorzuschreiben, brauche es europaweit ambitionierte
Abgasvorschriften, sagte Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der dpa.
«Wie diese am besten eingehalten werden können, muss ein offener
Technologie-Wettbewerb entscheiden.» Auch die FDP ist gegen eine
Quote. Die Grünen dagegen fordern, dass in Deutschland ab 2030 nur
noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden.

Neben der Quote fordert Schulz schärfere gesetzliche Regeln für die
Autoindustrie sowie konsequente Kontrollen der Emissionsgrenzwerte
als Konsequenz aus der Diesel-Affäre um manipulierte Abgaswerte.
Wegen der hohen Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichen
Stickoxiden drohen in mehreren deutschen Städten Fahrverbote, das
Thema beschäftigt die Gerichte.

Beim Diesel-Gipfel Anfang August war die Autoindustrie mit ihrem Plan
durchgekommen, Diesel-Pkw lediglich mit einem Softwareupdate sauberer
zu machen. Das ist deutlich billiger und einfacher, als
Motor-Bauteile nachzurüsten. Umweltschützer bezweifeln aber, dass
solche Updates an neuen Dieseln reichen, um Fahrverbote zu
verhindern.

Auf einem zweiten Gipfel im Herbst wollen die SPD-Ministerinnen eine
erste Bilanz ziehen und gegebenenfalls über weitere Schritte
entscheiden. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums sagte dazu,
über einen weiteren Dieselgipfel zu reden, sei «nicht nötig». Es
gelte zunächst, die Beschlüsse umzusetzen und ihre Wirkung zu prüfen.


Verbraucherschützer fordern unterdessen von den Autoherstellern
verbindliche Zusagen für die geplanten Diesel-Nachrüstungen. Der
Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte in einem Brief an
Daimler, VW, BMW und den VDA, die beim Dieselgipfel zugesagte
«Gewährleistung» für die Software-Updates lasse offen, welche
Ansprüche die Kunden hätten und um welche Bauteile des Autos es dabei
gehe. Die Hersteller müssten umfassende und rechtsverbindliche
Garantien zusagen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen
und die Kunden von der freiwilligen Nachrüstung zu überzeugen.