Europarats-Juristen kritisieren Ungarns Hochschulgesetz

13.08.2017 12:01

Jetzt äußert auch ein angesehenes Gremium des Europarats schwere
Einwände gegen das neue Gesetz, das eine US-geführte Elite-Uni in
Budapest zur Schließung zwingen soll. Ungarns rechtskonservative
Regierung vermutet wieder einmal den US-Milliardär Soros dahinter.

Straßburg/Brüssel (dpa) - Nach der EU-Kommission haben sich nun auch
die Verfassungsexperten des Straßburger Europarats in den Streit um
das ungarische Hochschulgesetz eingeschaltet. Das Gesetz richte sich
de facto gegen die vom US-Milliardär George Soros gegründete Central
European University (CEU), erklärte die Venedig Kommission, die die
47 Mitgliedsländer des Europarats in verfassungsrechtlichen Fragen
berät, am Freitag in Straßburg. Die ungarische Regierung lehnte die
Erklärung entschieden ab.  

Die Verfassungsexperten sehen zwar grundsätzlich kein Problem, die
Bestimmungen des Gesetzes auf ausländische Universitäten anzuwenden,

die noch nicht in Ungarn tätig sind. Doch bei Universitäten, die
bereits arbeiten, haben die Experten Einwände. Diese Einrichtungen
sollten beispielsweise von der Verpflichtung befreit werden, auch in
dem Land, in dem sie ihren Sitz haben, eine Ausbildung anzubieten.

Der Fraktionschef der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz,
Lajos Kosa, lehnte den Vorschlag ab. «Die von George Soros
finanzierten Menschen sind in schöner Zahl auch in der Venedig
Kommission vertreten», erklärte der Politiker am Sonntag im
staatlichen Rundfunk. «Jetzt müssen sie tun, was der Herr ihnen
befielt, und irgendwelche juristischen Begründungen erfinden.»

Bereits am Freitagabend hatte das ungarische
Regierungsinformationsamt den Vorschlag der Venedig-Kommission
zurückgewiesen. «Es darf kein doppeltes Maß akzeptiert werden», hie
ß
es in der Erklärung. Das neue Gesetz gelte für die CEU ebenso wie für

alle anderen Hochschuleinrichtungen im Lande. Die Venedig Kommission
und andere Kritiker führen allerdings an, dass das umstrittene Gesetz
eben auf die CEU zugeschnitten ist und andere Universitäten faktisch
nicht betrifft.

Im Streit um das Gesetz war die Brüsseler EU-Kommission bereits
rechtlich gegen Budapest vorgegangen. Ein bereits laufendes Verfahren
wegen Verletzung von EU-Recht kann in einer Klage vor dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden. Ungarns Regierungschef Viktor
Orban regiert seit 2010 und geriet seither immer wieder mit der EU
aneinander - wegen Verfassungsreformen, Mediengesetzen und Maßnahmen
gegen ausländische Unternehmen.