London hält Grenzkontrollen zu Irland trotz Brexits für verzichtbar

16.08.2017 02:30

Mit dem Brexit will die Regierung in London auch die Zollunion und
den EU-Binnenmarkt verlassen. Das bringt Probleme für die offene
Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und den britischen Landesteil
Nordirland. Doch London glaubt die Lösung zu kennen.

London (dpa) - Die britische Regierung sieht trotz Brexits keinen
Bedarf für Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem
britischen Landesteil Nordirland. Das geht aus einem Positionspapier
für die Brexit-Verhandlungen hervor, das am Mittwoch vom
Brexit-Ministerium in London veröffentlicht wurde.

Darin heißt es, es werde kein Zurück zu einer befestigten Grenze
zwischen den beiden Teilen der irischen Insel geben. Stattdessen
solle ein neues Zollabkommen mit der EU so ausgestaltet werden, dass
Grenzposten nicht notwendig seien. Britische und irische Staatsbürger
sollen sich zudem weiterhin ungehindert zwischen Großbritannien und
Irland bewegen können. Wie London die Einreise anderer Staatsbürger
an der irisch-nordirischen Grenze kontrollieren will, war zunächst
unklar.

«Das Papier (...) ruft die EU dazu auf, diesen Zielen ebenfalls
Vorrang einzuräumen, indem sie ein rasches Abkommen ins Auge fasst»,
hieß es in einer vorab verbreiteten Mitteilung.

Die Regierung in London will neben dem Europäischen Binnenmarkt
auch die Zollunion mit dem Austritt aus der EU verlassen. Dadurch
soll das Land in die Lage versetzt werden, neue Handelsabkommen mit
Drittländern wie den USA oder China abzuschließen.

Bislang ist das der EU vorbehalten. Sie hat das alleinige Recht,
Handelsabkommen für die Zollunion zu schließen. Einmal im gemeinsamen
Zollgebiet, müssen Waren nicht mehr verzollt werden, wenn sie über
eine Landesgrenze gebracht werden. Im Falle Großbritanniens würde
sich das nach einem Austritt des Landes ändern. Grenzkontrollen wären
nötig.

Das hat Befürchtungen vor einem neuen Aufflammen des
Nordirland-Konflikts geschürt. Die EU-Mitgliedschaft beider Teile der
irischen Insel und der freie Grenzverkehr gelten als wichtige
Bausteine für den Friedensschluss im Karfreitagsabkommen von 1998.

Bereits am Dienstag hatte London Pläne für ein künftiges Zollabko
mmen
zwischen der EU und Großbritannien vorgelegt. Demnach sollten die
Kontrollen entweder weitgehend elektronisch abgewickelt werden oder
bereits vor dem Grenzübertritt stattfinden. Außerdem soll es eine
Übergangsphase geben, in der weitgehend alles beim Alten bleibt.

Die EU-Kommission begrüßte die Veröffentlichung der Positionspapiere,

verwies aber auf ihr Grundprinzip, wonach über die künftigen
Beziehungen zu Großbritannien erst dann gesprochen werden soll, wenn
«ausreichender Fortschritt» bei den Diskussionen über die
Trennungsfragen erreicht ist.

Dazu gehören neben der irisch-nordirischen Grenze auch finanzielle
Forderungen gegenüber London und die Bleiberechte von 3,2 Millionen
EU-Bürgern im Königreich und der 1,2 Millionen Briten in der EU.