Keine Mehrheit für Glyphosatverlängerung - Vermittlungsverfahren

09.11.2017 12:42

Der Zeitdruck steigt: Mitte Dezember läuft die Lizenz für den
Unkrautvernichter Glyphosat in Europa aus. Doch für eine Verlängerung
gibt es nach wie vor keine Mehrheit. Nun soll ein
Vermittlungsausschuss eine Lösung bringen.

Brüssel (dpa) - Die Zukunft des umstrittenen Unkrautvernichters
Glyphosat ist trotz großen Zeitdrucks weiter offen. Im zuständigen
Expertengremium der EU-Länder gab es am Donnerstag in Brüssel nach
Angaben aus EU-Kreisen nicht die nötige Mehrheit für eine
Verlängerung der Lizenz. Glyphosat ist in Europa bis Mitte Dezember
zugelassen. Die EU-Kommission teilte mit, dass sie ein
Vermittlungsverfahren einberufen wolle.

Die Brüsseler Behörde hatte ursprünglich eine Verlängerung der Lize
nz
um zehn Jahre angepeilt. Weil es dafür keine Mehrheit gab, hatte sie
zuletzt davon Abstand genommen und nun fünf Jahre vorgeschlagen. Aber
auch dieser Vorschlag fand nun nicht die nötige Mehrheit in dem
Gremium, in dem Experten der 28 EU-Länder sitzen.

Deutschland enthielt sich abermals, weil die bisherige schwarz-rote
Regierung bei dem Thema uneins ist und in einer möglichen
Jamaika-Koalition die Grünen eine Verlängerung der Lizenz sehr
kritisch sehen. Insgesamt stimmten am Donnerstag 14 EU-Länder für die
Verlängerung, neun dagegen, fünf enthielten sich.

Der Vermittlungsausschuss soll laut Kommission vor dem 22. November
tagen. Dort können dann auch höherrangige Politiker direkt vertreten
sein. Für eine Entscheidung müsste aber auch dort eine qualifizierte
Mehrheit zustandekommen. Das bedeutet, dass 55 Prozent der Staaten
zustimmen müssten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Geschieht dies nicht, kann die EU-Kommission theoretisch alleine
entscheiden. Sie hatte bislang allerdings versucht, breite
Unterstützung der EU-Länder zu bekommen.

An Glyphosat gibt es viel Kritik. Einerseits ist der
Unkrautvernichter sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit
genutzt. Andererseits steht Glyphosat auch im Verdacht, Krebs zu
erregen und die Umwelt zu schädigen.

Wissenschaftler sind uneins über das Krebsrisiko. Die Internationale
Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte
den Unkrautvernichter 2015 als «wahrscheinlich krebserregend» für
Menschen ein. Die Lebensmittelbehörden Efsa und die
Chemikalienagentur Echa kamen aber zu dem Ergebnis, dass die
verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine solche
Einstufung nicht ausreichten. Umweltschützer zweifeln an der
Aussagekraft der zugrundeliegenden Studien.

«Die Europäische Kommission muss endlich einsehen, dass es höchste
Zeit ist, das Ende von Glyphosat einzuläuten», sagte der Agrarexperte
der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling. «Auf keine
n
Fall darf die Kommission vor Monsanto einknicken, aus Furcht, bei
einer Nicht-Verlängerung Strafzahlungen an den Chemie-Giganten
leisten zu müssen.» Der US-Chemiekonzern Monsanto, den der deutsche
Konkurrent Bayer übernehmen möchte, hatte Glyphosat entwickelt.
Vertrieben werden glyphosathaltige Mittel aber auch von Dutzenden
anderen Herstellern.