EU will Ausbildung der libyschen Küstenwache trotz Kritik fortsetzen

15.11.2017 15:51

Ist die EU-Hilfe für Libyens Küstenwache im Ergebnis «unmenschlich»
?
Diese Frage hat ein hoher Vertreter der Vereinten Nationen
aufgeworfen. In Brüssel, Berlin und Rom gibt man sich verständnislos.

Brüssel (dpa) - Die EU will ihr Ausbildungsprogramm für libysche
Küstenwächter trotz der vernichtenden Kritik des UN-Hochkommissars
für Menschenrechte fortsetzen. «Wir trainieren sie, damit sie in den
Küstengewässern gegen Schleuser vorgehen und Menschen aus Seenot
retten können», sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten
Federica Mogherini am Mittwoch in Brüssel. Das Trainingsprogramm, mit
dem bereits 142 libysche Küstenschutzkräfte ausgebildet worden seien,
werde weitergehen.

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nahm das EU-Engagement in
Schutz. «Wenn wir die Küstenwache Libyens nicht mehr unterstützen,
hat das nur zur Folge, dass wieder Tausende von Menschen im
Mittelmeer ertrinken werden», sagte der SPD-Politiker am Mittwoch
nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino
Alfano in Rom. «Ich kenne keine Alternative als den Versuch, erstens
die Küstenwache besser in Stand zu setzen, zu arbeiten, aber auch
darauf zu achten, dass sie mit Menschen respektvoll umgehen, dass sie
tatsächlich Leben retten.»

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, hatte
die Libyen-Politik der EU am Vortag als «unmenschlich» bezeichnet. Er
kritisierte, dass die Unterstützung für die libysche Küstenwache dazu

führe, dass noch mehr Menschen unter entsetzlichen Bedingungen in
libyschen Haftzentren eingepfercht würden. Nach libyschen Angaben
befanden sich in den Lagern zuletzt 19 900 Menschen. Im September
waren es erst 7000 gewesen.

Die EU und allen voran Italien unterstützen die libysche Küstenwache

seit Monaten verstärkt mit dem Ziel, Flüchtlingsboote an der Fahrt
Richtung Europa zu hindern. Bis vor kurzem konnten Schleuserbanden
Migranten noch nahezu unbedrängt von der Küstenwache in
Schlauchbooten durch die Küstengewässer bis in internationale
Gewässer bringen. Dort wurden sie dann von europäischen Schiffen
aufgenommen und nach Italien gebracht.

Gabriel sagte, es müsse dafür gesorgt werden, dass die rund 30
Haftzentren in dem Bürgerkriegsland unter eine Kontrolle der UN und
der Internationalen Organisation für Migration gebracht würden und
dort Sicherheit garantiert werde. «Dass wir weit davon entfernt sind,
gute Zustände zu haben, da hat die UN völlig recht.»

Alfano verteidigte, dass die italienische Marine vor allem mit
Überwachungstechnik die libysche Küstenwache im Kampf gegen den
Menschenhandel unterstützt. Das habe den Schmugglern einen
«schweren Schlag» versetzt, sagte der Minister.

Gabriel sprach den Italienern eine «Vorreiterrolle» in der
Flüchtlingskrise zu. Trotz öffentlicher Kritik habe die Regierung in
Rom «große Anstrengungen unternommen». «Ich kenne kein anderes Land

in Europa, das so engagiert versucht, in einer menschlichen Art und
Weise die Flüchtlingsströme zu bewältigen», sagte Gabriel.