Merkel reist zu erstem Gipfel nach dem Scheitern von Jamaika

23.11.2017 17:16

Wie wird Angela Merkel in Brüssel auftreten? Kann sie die EU-Partner
beruhigen? Beim Ost-Gipfel an diesem Freitag werden sich viele Augen
auf die deutsche Kanzlerin richten. Verrät sie vielleicht sogar, wie
es in Berlin mit der Regierungsbildung weitergehen könnte?

Brüssel (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel absolviert an diesem
Freitag ihren ersten Auslandstermin seit dem Scheitern der
Jamaika-Sondierungen. Bei einem EU-Gipfel in Brüssel stehen Gespräche
mit Staats- und Regierungschefs von östlichen Partnerländern auf dem
Programm. Mit Spannung wird aber vor allem erwartet, ob Merkel sich
dazu äußert, wie es mit der Regierungsbildung in Berlin weitergehen
könnte. Auf EU-Ebene hatten sich zuletzt mehrere Spitzenpolitiker
besorgt über die politische Situation geäußert.

EU-Kommissar Günther Oettinger sprach am Donnerstag von einer derzeit
«nur eingeschränkt handlungsfähigen» deutschen Bundesregierung und

warnte vor Verzögerungen bei wichtigen EU-Projekten. Als Beispiele
nannte er die geplante Vertiefung der Währungsunion sowie die
Asylrechtsreform und die Migrationspolitik. Der französische
Regierungssprecher Christophe Castaner hatte am Vortag gewarnt, ein
Schwächeln Deutschlands könne «ein harter Schlag» für europäisc
he
Pläne und für Frankreich sein.

Bei dem EU-Ost-Gipfel soll vor allem darüber beraten werden, wie die
Zusammenarbeit mit den sechs Ostpartnerschaftsländern Armenien,
Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldau und Ukraine weiter
ausgebaut werden kann. Weitreichende Ergebnisse werden allerdings
nicht erwartet. Die von Staaten wie der Ukraine gewünschte
EU-Beitrittsperspektive wollen Länder wie Deutschland zum jetzigen
Zeitpunkt nicht geben.

Schwierig bleiben auch die Beziehungen zu Weißrussland, das weiterhin
enge Verbindungen zu Russland pflegt. Lange war unklar, ob
Weißrusslands autoritärer Machthaber Alexander Lukaschenko zu dem
Gipfel nach Brüssel kommen würde - was ein Zeichen für eine ernst
gemeinte Annäherungspolitik an die EU gewesen wäre. Doch trotz des
Werbens von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel vergangene Woche in
Minsk schickt Lukaschenko nun «nur» seinen Chefdiplomaten Wladimir
Makej.

Eine weitere Annäherung wird hingegen mit Armenien erwartet.
Präsident Sersch Sargsjan sieht in einer engeren Zusammenarbeit mit
der EU keinen Widerspruch zum engen Verhältnis zu Moskau. Er will an
diesem Freitag ein neues Partnerschaftsabkommen mit der EU
unterzeichnen.

Am Rande des Gipfels könnte es zudem um die weiterhin nicht
vorankommenden EU-Austrittsverhandlungen mit Großbritannien gehen. In
Brüssel wurde nicht ausgeschlossen, dass die britische
Premierministerin Theresa May die Zusammenkunft in Brüssel für
Gespräche nutzen will.