Regierungskrise in Irland - Einfluss auf Brexit befürchtet

24.11.2017 17:11

Der geplante Brexit macht auch Irland zu schaffen. Denn zum
benachbarten britischen Nordirland hin wird künftig die neue
EU-Außengrenze verlaufen. Jetzt gibt es ein neues Problem.

Dublin/Brüssel (dpa) - Die Regierung in Irland steuert auf eine
Neuwahl zu. Die konservative Partei Fianna Fáil hat ein
Misstrauensvotum gegen die stellvertretende Ministerpräsidentin
Frances Fitzgerald für kommende Woche angekündigt. Ihr wird
vorgeworfen, sich im Fall eines Whistleblowers im Jahr 2015 falsch
verhalten zu haben. Der betroffene Polizist hatte Missstände bei
Behörden angeprangert und war danach von Kollegen gemobbt worden.

In Irland führt Ministerpräsident Leo Varadkar von der konservativen
Partei Fine Gael eine fragile Minderheitsregierung an. Sie wird von
der Fianna-Fáil-Partei unterstützt, die von einem Vertrauensverlust
gegenüber Fitzgerald sprach. Premier Varadkar konterte jedoch, es
handele sich um «erfundene Beschuldigungen durch politische Gegner».

Unterstützung für die Vize-Ministerpräsidentin gab es auch vom
irischen Außenminister Simon Coveney am Freitag am Rande des
EU-Ost-Partnerschaftsgipfels in Brüssel: Die Forderung eines
Rücktritts sei auf Sand gebaut. «Irland kann eine Neuwahl jetzt nicht
gebrauchen», schimpfte der Politiker. Er sei frustriert und
verärgert. «Wir stehen vor enorm wichtigen Entscheidungen über die
Zukunft Irlands», betonte er mit Blick auf den Brexit.

Der Austritt Großbritanniens aus der EU, dem europäischen Binnenmarkt
und der Zollunion hat auch für Irland Folgen: Die neue EU-Außengrenze
wird zwischen Irland und dem britischen Nordirland verlaufen. Bisher
ist die Trennlinie fast unsichtbar und kann problemlos passiert
werden. Experten fürchten durch den Ende März geplanten Brexit
erhebliche Nachteile für die Wirtschaft und sehen den Friedensprozess
zwischen Katholiken und Protestanten in der Region gefährdet.

Varadkars Vorgänger Enda Kenny war ebenfalls wegen seiner Rolle in
einer Schmutzkampagne gegen den Whistleblower unter Druck geraten. Er
hatte zugegeben, falsche Angaben in der Affäre gemacht zu haben. Er
wurde im vergangenen Juni abgelöst. Varadkar ist der erste irische
Ministerpräsident, der sich als schwul outete. In dem katholisch
geprägten Land waren homosexuelle Beziehungen bis 1993 strafbar.