EU gibt London weitere zehn Tage für Zugeständnisse beim Brexit

24.11.2017 18:35

Die EU sieht Bewegung bei den bislang sehr zähen Verhandlungen über
den geplanten Austritt Großbritanniens. Von außen ist der Fortschritt
allerdings sehr schwer zu erkennen.

Brüssel (dpa) - Die Europäische Union gibt Großbritannien weitere
zehn Tage Zeit für Zugeständnisse beim Brexit. Der Start der zweiten
Verhandlungsphase Mitte Dezember sei immer noch möglich, erklärte
EU-Ratspräsident Donald Tusk nach einem langen Gespräch mit der
britischen Premierministerin Theresa May am Freitagabend auf Twitter.
«Aber immer noch eine riesige Herausforderung», so Tusk. May sagte,
es gebe Fortschritte, nannte aber keine Details.

Am 4. Dezember - also in zehn Tagen - will EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker mit May Bilanz der bisherigen Verhandlungen
ziehen. Juncker sagte am Freitag, es gebe Bewegung: «In welche
Richtung weiß ich nicht, aber ich hoffe, in die gute Richtung.» Am 4.
Dezember «werden wir sehen, ob es ausreichenden Fortschritt gibt.»

Großbritannien will die EU 2019 verlassen. Seit fünf Monaten wird
über die Bedingungen verhandelt. Die EU hatte Großbritannien für neue

Angebote ursprünglich eine zweiwöchige Frist gesetzt, die am Freitag
ablief. Nun hat May bis übernächste Woche Zeit.

Die EU fordert, dass Großbritannien alle finanziellen Verpflichtungen
aus der Zeit der EU-Mitgliedschaft erfüllt. Die Schlussrechnung wird
inoffiziell auf 60 bis 100 Milliarden Euro taxiert. Irland verlangt
zudem Garantien, dass keine feste Grenze zum britischen Nordirland
errichtet wird. Dritter Punkt sind die Rechte der rund 3,2 Millionen
EU-Bürger in Großbritannien und der 1,2 Millionen Briten auf dem
Kontinent nach dem Brexit.

Stellt die EU bei ihrem Gipfel Mitte Dezember «ausreichenden
Fortschritt» bei allen drei zentralen Trennungsfragen fest, können
die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen beginnen. Es gebe
noch offene Punkte bei allen Themen, sagte May nach ihrem Gespräch
mit Tusk. «Aber es herrschte eine sehr positive Atmosphäre in den
Gesprächen und ein echtes Gefühl, dass wir zusammen voranschreiten
wollen.»

In den vergangenen Tagen war in britischen Medien spekuliert worden,
dass May ihr finanzielles Angebot an die EU auf 40 Milliarden Pfund
erhöhen will. Auf Nachfrage sagte sie dazu aber nichts Konkretes.
Auch mögliche Lösungen zur Vermeidung einer Grenze in Irland nannte
sie nicht. Man teile das Ziel, dass Menschen und Waren wie jetzt die
Grenze überqueren und keine neue Barrieren errichtet werden sollten.
Beide Seiten blieben dazu im Gespräch, sagte die Regierungschefin.
Tusk stellte in seinem Tweet klar, dass Großbritannien sich auch bei
der Irland-Frage bewegen müsse.

In Irland entspinnt sich derweil eine Regierungskrise, die zu
Neuwahlen führen und Auswirkungen auf die Brexit-Verhandlungen haben
könnte. Die konservative Partei Fianna Fáil kündigte ein
Misstrauensvotum gegen die stellvertretende Ministerpräsidentin
Frances Fitzgerald für kommende Woche an. Ministerpräsident Leo
Varadkar, dessen Minderheitsregierung von der Fianna-Fáil-Partei
unterstützt wird, zeigte sich erbost. Auch Außenminister Simon
Coveney sagte: «Irland kann eine Neuwahl jetzt nicht gebrauchen.»