EU-Ratspräsident Tusk: Schlüssel für Brexit-Gespräche liegt in Dubl in

01.12.2017 19:27

Nachdem wichtige Streitpunkte bei den Brexit-Verhandlungen geklärt
sind, richten sich alle Augen auf die Frage nach der Grenze zwischen
der Republik Irland und Nordirland. EU-Ratspräsident Tusk macht klar:
Ob die Gespräche in die nächste Phase gehen, entscheiden die Iren.

Dublin/Brüssel (dpa) - Die Entscheidung über den weiteren Verlauf der
Brexit-Gespräche wird in Dublin getroffen. Das machte
EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitagabend bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit Irlands Regierungschef Leo Varadkar in der
irischen Hauptstadt deutlich.

Die Frage über die künftige Grenze zwischen dem EU-Mitglied Republik
Irland und dem britischen Landesteil Nordirland gilt als Knackpunkt
auf dem Weg in die zweite Phase der Verhandlungen über den britischen
EU-Austritt. Dublin fordert eine schriftliche Zusicherung Londons,
dass es nach dem Brexit im März 2019 nicht zu Grenzkontrollen
zwischen den beiden Teilen der Insel kommt.

«Wenn das britische Angebot inakzeptabel für Irland ist, dann wird es
auch inakzeptabel für die EU sein», sagte Tusk. Varadkar forderte
London auf, «glaubwürdige, konkrete und umsetzbare» Lösungen
vorzuschlagen, damit es nicht zu einer befestigten Grenze komme, egal
was der Ausgang der Brexit-Gespräche sei oder wie die künftige
Beziehung zwischen Großbritannien und der EU aussehe. Ohne diese
Zusicherung könnten die Gespräche nicht in die nächste Phase gehen.

Am Montag will EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit der
britischen Premierministerin Theresa May besprechen, ob ausreichende
Fortschritte für den Start der zweiten Verhandlungsphase erreicht
sind. London will so schnell wie möglich mit den Gesprächen über ein

künftiges Handelsabkommen beginnen. Damit beim EU-Gipfel Mitte
Dezember dafür grünes Licht gegeben werden kann, müssen drei wichtige

Trennungsfragen ausreichend geklärt sein. «Die Frage der Bürgerrechte

und der Finanzen scheinen bis Montag lösbar», sagte der
Europaabgeordnete und Brexit-Beauftragte Elmar Brok (CDU) im Gespräch
mit der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Die Irland-Frage sei
dagegen noch offen.

Mit dem EU-Austritt Großbritanniens verlässt auch der nördliche Teil

der irischen Insel die Staatengemeinschaft - die Republik Irland im
Süden bleibt in der EU. Grenzkontrollen wollen alle Seiten unbedingt
vermeiden, um den Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten in
der ehemaligen Bürgerkriegsregion nicht wieder anzuheizen. Experten
fürchten zudem erhebliche Nachteile für die Wirtschaft auf beiden
Seiten der Grenze.

Die Lösungsvorschläge aus London werden bislang von Brüssel und
Dublin als unzureichend bewertet. Selbst der Brexit-Ausschuss des
britischen Parlaments stellte der eigenen Regierung ein schlechtes
Zeugnis aus. Das Ziel Londons, Grenzkontrollen zu vermeiden, sei
unvereinbar mit dem geplanten Austritt aus dem europäischen
Binnenmarkt und der Zollunion, hieß es in einem Bericht, der am
Freitag veröffentlicht wurde. Die Vorschläge der Regierung, die
Warenkontrollen mithilfe modernster Technologie ohne Grenzposten
durchzuführen, seien «ungetestet und teilweise spekulativ».

Premierministerin May hat nur wenig Spielraum. Sie ist seit ihrer
Wahlschlappe im Juni auf die Unterstützung der
protestantisch-nordirischen Democratic Unionist Party (DUP)
angewiesen. Abgeordnete der erzkonservativen Partei warnten bereits
vor Zugeständnissen an Dublin.

Regierungsvertreter aus London zeigten sich trotz allem optimistisch.
Der britischer Staatssekretär für Außenhandel, Greg Hands, sagte der

«Rheinischen Post», er glaube nicht, dass Irland die auf dem
EU-Gipfel Mitte Dezember anstehende Entscheidung der EU über eine
Ausweitung der Brexit-Verhandlungen mit einem Veto blockieren könnte.
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zu einem solchen Schritt
kommen wird.»