Liberale wollen EU-Verfahren gegen Polen beschleunigen

12.12.2017 15:16

Straßburg (dpa) - Die Liberalen im EU-Parlament wollen wegen Zweifeln
an der Rechtsstaatlichkeit in Polen ein EU-Verfahren gegen die
Regierung in Warschau beschleunigen. Ihr Fraktionsvorsitzender Guy
Verhofstadt sagte am Dienstag in Straßburg, der Ausschuss für
bürgerliche Freiheiten und Justiz solle bereits im Januar einen
Vorschlag für ein Verfahren gemäß Artikel 7 des EU-Vertrages machen.


Dieser Artikel sieht vor, dass die Rechte eines Mitgliedstaates
einschließlich seines Stimmrechtes in der EU ausgesetzt werden
können, wenn die anderen EU-Regierungen einstimmig der Auffassung
sind, dass eine «schwerwiegende Verletzung» der Grundwerte der
Europäischen Union vorliegt.

Verhofstadt zeigte sich «sehr besorgt darüber, dass die
Rechtsstaatlichkeit in Polen sich ständig weiter verschlechtert». Er
verwies auf zwei Gesetze über den Obersten Gerichtshof und über den
nationalen Justizrat, die ungeachtet eines Vetos des
Staatspräsidenten umgesetzt würden. Die polnische Regierung habe auch
begonnen, Strafen gegen einen unabhängigen Fernsehsender zu
verhängen, weil dieser über Proteste im Parlament berichtet hatte.

Er hoffe, dass das Plenum des Parlaments im März oder April die
Staats- und Regierungschefs auffordern könne, die im Verfahren nach
Artikel 7 zuzustimmen. «Wenn das Parlament jetzt nicht den Rat
zwingt, diese Fragen bei einem der nächsten Gipfel zu besprechen,
dann wird nichts passieren in Polen.»

In der EU gilt ein solches Verfahren allerdings als höchst fraglich,
weil eine einstimmige Verurteilung Polens vermutlich nicht zustande
kommt.