Streit um Asylpolitik: EU-Kommissar nennt Tusk-Papier anti-europäisch

12.12.2017 19:15

Brüssel (dpa) - Der Streit über die Zukunft der europäischen Asyl-
und Flüchtlingspolitik hat sich kurz vor dem EU-Gipfel noch einmal
zugespitzt. Der für Reformvorschläge in dem Bereich zuständige
EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bezeichnete am Dienstag ein von
Gipfelchef Donald Tusk vorbereitetes Arbeitspapier zu dem Thema als
«anti-europäisch» und «nicht hinnehmbar». In diesem hatte Tusk
konstatiert, dass sich eine Umverteilung von Flüchtlingen über ein
Quotensystem als «ineffektiv» und «höchst umstritten» herausgeste
llt
habe.

Tusk spielte damit darauf an, dass sich sein Heimatland Polen sowie
Tschechien und Ungarn bis heute weigern, einen EU-Beschluss zur
Umverteilung und Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Jahr 2015
umzusetzen.

Beim EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag wollen die Staats-
und Regierungschefs erneut darüber beraten, wie eine Reform des
europäischen Asylsystems aussehen könnte. Besonders geht es dabei um
die Frage, wie künftig im Fall einer Flüchtlingskrise besonders stark
betroffene Staaten entlastet werden können.

Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sind dafür, ein Konzept
zu beschließen, das zumindest bei einem sehr starken Zustrom eine
Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht. Polen, Ungarn und
Tschechien lehnen allerdings jegliche Art von Zwang bei der Aufnahme
von Flüchtlingen ab.

Die Rolle von Tusk als EU-Ratspräsident sei es, die europäischen
Prinzipien zu verteidigen, schimpfte Avramopoulos. Tusks Papier
untergrabe aber das so wichtige Solidaritätsprinzip. «Europa kann
ohne Solidarität nicht existieren», sagte Avramopoulos.