Mehr Hering, weniger Scholle - EU einig bei Nordsee-Fangquoten 2018

13.12.2017 09:09

Wie können Fisch-Bestände gesichert werden, ohne die Industrie zu
gefährden? Nach fast 24-stündigen Verhandlungen der EU-Minister gehen
die Nordsee-Fangmengen für Deutschland überwiegend nach oben.
Einschränkungen gibt es beim Aal. Umweltschützer sind enttäuscht.

Brüssel (dpa) - Deutsche Fischer dürfen im kommenden Jahr deutlich
mehr Hering aus der Nordsee ziehen als noch 2017. Die erlaubte
Fangmenge steigt nach einer Einigung der EU-Fischereiminister vom
Mittwochmorgen um 25 Prozent auf rund 64 700 Tonnen. Beim Kabeljau
erhöht sich die Quote für Deutschland nach fast 24-stündigen
Verhandlungen in Brüssel um 10 Prozent. Einschränkungen gibt es
dagegen bei der Scholle mit einem Minus von 13 Prozent. Erstmals
gelten zudem feste Einschränkungen beim Aalfang. Umweltschützern geht
dies nicht weit genug.

Die zuständigen EU-Minister legen jedes Jahr die sogenannten
zulässigen Gesamtfangmengen für die Nordsee und den Nordost-Atlantik
fest. Anhand dieser Mengen entfallen auf die einzelnen Staaten nach
festen Verteilschlüsseln die jeweiligen nationalen Fangmengen. Zuvor
gibt die EU-Kommission Empfehlungen auf Grundlage wissenschaftlicher
Gremien, die den Zustand der einzelnen Bestände untersucht haben.
Dabei gilt es stets, die Interessen der Fischfangindustrie gegen
Naturschutzbelange abzuwägen. Die ausgehandelten Fangquoten gelten
jeweils für das folgende Jahr.

Im kommenden Jahr ist nun zudem beim Seelachs ein Plus von 6 Prozent
vorgesehen. Die Fangmenge für Deutschland erhöht sich damit auf rund
11 000 Tonnen. Bei der Makrele sinkt sie hingegen um 20 Prozent.

Zudem soll im kommenden Jahr angesichts der bedrohten Bestände
erstmals eine Schonfrist für den Aal in der Ostsee, Nordsee und im
Atlantik gelten. Die EU-Staaten einigten sich auf eine dreimonatige
Schonzeit. Diese können die Länder zwischen Ende September 2018 und
Ende Januar 2019 legen. Sie gilt für Aale ab einer Länge von 12
Zentimetern. Die EU-Kommission hatte zuvor ein umfassendes
Aalfangverbot für das ganze Jahr vorgeschlagen, konnte sich damit
aber nicht durchsetzen.

Schon seit 2007 gibt es in der EU Aal-Bewirtschaftungspläne, die nach
Ansicht von Umweltschützern aber bisher nicht zu ausreichendem Erfolg
führten. Der Internationale Rat für Meeresforschung empfiehlt seit
langem, die Sterblichkeit von Aalen im gesamten Verbreitungsgebiet zu
senken. Bei ihrem Treffen im Oktober hatten die zuständigen
EU-Minister ein Aalfangverbot für die Ostsee bereits abgelehnt und
stattdessen eine gesamteuropäische Lösung gefordert.

Deutsche Fischer fangen auf See pro Jahr etwa 49 Tonnen Aal. Das
entspricht einem Anteil von zwei Prozent am dortigen EU-Aalfang.

Umweltschützer zeigten sich enttäuscht von den Ergebnissen. «Die
kurze Schonzeit wird den Aal nicht retten», meinte Thilo Maack von
Greenpeace. Die Minister ignorierten mit ihrer Entscheidung
wissenschaftliche Warnungen und nähmen in Kauf, dass der europäische
Aal aussterbe.

«Auch für viele andere Speisefischarten wurden für das kommende Jahr

erneut höhere Fangquoten für Nordsee und Nordost-Atlantik angesetzt,
als es die Wissenschaftler des Rats für Meeresforschung empfehlen.
Das reicht nicht aus, um die Überfischung der europäischen Meere bis
2020 zu beenden, so wie es die EU-Mitgliedsländer bereits 2013
beschlossen haben», meinte Maack.

«Die Fortschritte sind zu gering, um der Überfischung bis 2020 ein
Ende zu setzen», sagte der Direktor der Meeresschutzorganisation
Oceana, Lasse Gustavsson. «Die legalisierte Überfischung in der
Nordsee wird weniger, geht aber dennoch in die nächste Runde», meinte
Stella Nemecky vom WWF.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) war zufrieden.
«In der Fischereipolitik bleiben wir voll auf Nachhaltigkeitskurs»,
sagte er. «Deshalb können Verbraucherinnen und Verbraucher ohne
Gewissensbisse Fisch aus Nordsee und Nordostatlantik genießen. Eine
Gefahr für die Bestände besteht dadurch nicht.»

Bereits im Oktober hatten sich die EU-Staaten auf Fangquoten für die
Ostsee geeinigt.