Air-Berlin-Tochter Niki ist am Ende - Lufthansa zieht Angebot zurück Von Christian Ebner, Sascha Meyer und Bernd Röder, dpa

13.12.2017 20:17

Die Vorbehalte der EU-Kommission wogen zu schwer: Die Lufthansa nimmt
Abstand vom Kauf der österreichischen Niki. Die Flugzeuge der
Air-Berlin-Tochter bleiben am Boden.

Frankfurt/Berlin (dpa) - Die Air-Berlin-Tochter Niki ist am Ende. Die
Lufthansa zog am Mittwoch ihr Angebot für das österreichische
Unternehmen mit seinen 21 Flugzeugen zurück - daraufhin stellte Niki
den Flugbetrieb mit sofortiger Wirkung ein. Zuvor hatte das
Unternehmen einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht in
Berlin-Charlottenburg gestellt.

«Das Ende der Niki ist ein nationales Desaster für Österreich», sag
te
Airline-Geschäftsführer Oliver Lackmann. 1000 Mitarbeiter würden ihre

Jobs verlieren.

Sowohl Niki als auch Air Berlin gaben der EU-Kommission die Schuld an
der Pleite der österreichischen Fluglinie. Die Lufthansa hatte als
Grund für den Rückzug angegeben, dass eine schnelle Freigabe des
Erwerbs durch die EU-Kommission nicht zu erwarten sei. Der im Oktober
geschlossene Kaufvertrag könne nicht vollzogen werden. Air Berlin ist
seit August insolvent und hat den eigenen Flugbetrieb Ende Oktober
eingestellt.

Die deutsche Bundesregierung hatte bereits im Laufe des Tages mit der
Pleite und der Einstellung des Flugbetriebs gerechnet. «Insolvenz und
Grounding von Niki sind jetzt die Folge», hatte Regierungssprecher
Steffen Seibert gesagt.

«Die Flüge der Niki werden mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. Weitere
Flüge der Niki sind nicht mehr buchbar. Der Flugplan der Niki
verliert seine Gültigkeit», teilte die Airline weiter mit. Niki rief
Fluggäste dazu auf, sich an ihren Reiseveranstalter zu wenden. «Für
Passagiere, die ihren Flug direkt bei Niki gebucht haben,
organisieren mehrere Fluggesellschaften derzeit eine Rückholaktion
auf Standby-Basis gegen ein geringes Entgelt aus dem Ausland nach
Deutschland, Österreich und die Schweiz.»

Ein Condor-Sprecher sagte, das Unternehmen arbeite an einem
Ersatz-Flugplan. «Wir arbeiten an einer Branchenlösung», sagte der
Condor-Sprecher.

Der Insolvenzantrag werde nun geprüft, sagte ein Sprecher des
Verkehrsministeriums in Wien. Nach dpa-Informationen aus
Air-Berlin-Kreisen handelt es sich anders als bei Air Berlin nicht um
eine Insolvenz in Eigenverwaltung, einer Spielart des
Insolvenzverfahrens, bei dem das Management im Amt bleibt.

Regierungssprecher Seibert stellte fest: «Alternative Käufer für Niki

standen und stehen bis heute nicht zur Verfügung, trotz allerlei
öffentlicher Ankündigungen und intensiven Bemühens des
Generalbevollmächtigten von Air Berlin.»

Air Berlin habe nach den ersten Bedenken der EU-Kommission erneut
Kontakt zu potenziellen Interessenten wie Thomas Cook und der
British-Airways-Mutter IAG aufgenommen, sagte der
Generalbevollmächtigte der Fluglinie, Frank Kebekus. «(Die
British-Airways-Mutter) IAG teilte Air Berlin schriftlich mit, dass
sie kein Kaufinteresse mehr an der Niki hat.» Auch von Thomas Cook
sei kein passendes Angebot unterbreitet worden. «Die Kommission
wusste also, dass es gar keine Alternative zum Verkauf der Niki an
die Lufthansa gab», sagte Kebekus.

Air Berlin hatte vor der Erklärung der Bundesregierung mitgeteilt,
man suche jetzt nach Alternativen, um die noch fliegende Niki doch zu
Geld zu machen. Allerdings hielt sich die österreichische
Gesellschaft zuletzt nur noch mit Finanzspritzen der Lufthansa in der
Luft.

Die neue Unsicherheit um Niki ist nach Aussage der
EU-Wettbewerbshüter bedauerlich. «Zumal dies nicht das einzig
mögliche Resultat seit Beginn des Verkaufsprozesses war», sagte ein
Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Es sei von Beginn an klar
gewesen, dass es auf vielen Strecken zwischen Lufthansa und Air
Berlin Überschneidungen gegeben habe, mit Risiken für Verbraucher in
Deutschland, Österreich und der Schweiz, teilte die Brüsseler Behörde

weiter mit. «Aufgabe der EU-Kommission ist es, ihr präsentierte
Transaktionen zu beurteilen. Wir müssen sicherstellen, dass
Konsumenten durch Zusammenschlüsse nicht schlechter gestellt werden.»

Der Rückzieher der Lufthansa bei Niki hat auch Konsequenzen für den
Fiskus. «Durch den unerwarteten Ausfall der Erlöse aus dem
Niki-Verkauf kann der vom Bund verbürgte Kredit der KfW an Air Berlin
möglicherweise nur zum Teil zurückgezahlt werden», sagte Seibert.
«Der Bund wird alles tun, den Schaden für den Steuerzahler zu
begrenzen.» Die Bundesregierung hatte für 150 Millionen Euro eine
Bürgschaft übernommen.

An dem Erwerb der anderen Air-Berlin-Tochter LG Walter solle hingegen
festgehalten werden, teilte Lufthansa mit. Dieser Kauf steht
ebenfalls noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Zustimmung
der EU-Kommission. Die Prüffrist läuft bis 21. Dezember.

Der Kaufpreis von 18 Millionen Euro sei noch Gegenstand erneuter
Verhandlungen und solle im Wesentlichen zur Tilgung des von der KfW
an Air Berlin gewährten Massekredits verwendet werden. Für Niki und
LG Walter hatte die Lufthansa 210 Millionen Euro geboten.

Der Konkurrent Easyjet hatte den Kaufpreis für das
Air-Berlin-Geschäft am Flughafen Tegel mit 40 Millionen Euro
angegeben. Es umfasst die Übernahme von 25 Flugzeugen samt Start- und
Landerechten. Die EU-Kartellbehörde hatte diese Transaktion am
Dienstag genehmigt.

Mit dem Verzicht auf Start- und Landerechte hatte Lufthansa versucht,
die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission gegen die
Air-Berlin-Teilübernahme inklusive Niki zu zerstreuen. Lufthansa-Chef
Carsten Spohr hatte für den Fall eines Scheiterns der Niki-Übernahme
einen «Plan B» angekündigt. Er sehe vor, die Flotte der
Lufthansa-Tochter Eurowings in der gleichen Größenordnung um rund 20
Flugzeuge zu vergrößern.